Junge Union Junge Union: Seehofer holt sich Schrammen, Merkel punktet
POTSDAM/MZ/MDC. - Philipp Mißfelder gibt sich selbstbewusst wie stets. Eine Diskussion auf dem Deutschlandtag der Jungen Union (JU) lohne sich immer, sagt deren Vorsitzender, während ein paar Meter weiter Kanzlerin Angela Merkel sitzt und sich von ihrem Auftritt erholt. Immerhin: Die CDU-Vorsitzende, die am Samstag zum JU-Kongress in die Metropolis Halle des Filmparks Potsdam-Babelsberg kommt, kann den Ort des Geschehens erhobenen Hauptes verlassen. CSU-Chef Horst Seehofer hingegen, der bereits am Freitagabend zu Gast ist, holt sich ein paar Schrammen ab.
Seehofer gibt sich erneut einen kleinen Rechtsruck. "Multi-Kulti ist tot", betont der 61-Jährige.
Pflichtschuldiger Schlussapplaus
"Wir wollen nicht zum Sozialamt für die ganze Welt werden." Ja, er will eine "deutsche Leitkultur" und nicht Fachkräfte aus "aller Herren Länder" zu uns holen. Schon gar nicht müsse sich die Union "ständig dafür entschuldigen, dass sie eine Liebe zum eigenen Land hat". Das alles entspricht der Mehrheitsmeinung in der JU. Doch anstatt dem Ministerpräsidenten aus Bayern zu huldigen, fragen sie, warum denn kriminelle Ausländer nicht endlich rausgeschmissen würden und Minarette höher sein dürften als Kirchtürme. Als Seehofer auf Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (38, CSU) zu sprechen kommt, verliert er die Kontrolle. Sofort beginnen die temperamentvollen Jung-Unionisten, rhythmisch zu klatschen und zu johlen, woraufhin der Redner hilflos bekundet: "Immerhin hab' ich den Karl-Theodor erfunden." Da lachen alle. Der Schlussapplaus für Seehofer fällt eher pflichtschuldigst aus.
Kaum hat er den Saal verlassen, befindet Mißfelder, Guttenberg sei nun mal "eine absolute Ausnahmeerscheinung". Gegen den Jungen hat der Alte keine Chance. Merkels Autorität hingegen ist ungebrochen - obwohl oder weil sie die Stimmung gegen den Strich bürstet.
Rückenwind für Wulff
Die Kanzlerin schließt sich der umstrittenen Aussage von Bundespräsident Christian Wulff an, wonach der Islam zu Deutschland gehöre. Sie verweist darauf, dass Algebra und Astronomie aus der arabischen Welt zu uns gekommen seien. Und sie ruft schließlich dazu auf, das Christentum "wieder mit fröhlichem Herzen zu verkünden" und nicht unentwegt die fremde Religion zu attackieren. "Es gehört auch ein Stück Offenheit von uns dazu", so Merkel mit Blick auf die Integrationsdebatte. Und sie fügt hinzu: "Wir werden kein gutes Land, wenn jeder nur an sich denkt."
Als ein Hamburger die Parteichefin kritisiert und meint, der Islam gehöre nicht zu Deutschland, erwidert sie, man dürfe sich "nicht in die Tasche lügen". Der Beifall für Merkel ist so kraftvoll wie sie selbst an diesem Tag - er ist ein Zeichen des Respekts. Seehofer aber wirkt nur noch wie ein gerade noch Geduldeter. Kommentar Seite 4