Joachim Sauer Joachim Sauer: Der Erste Ehemann denkt nicht an Rente

Berlin/MZ - Während seine Ehefrau, die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), als Chefin einer Koalition mit der SPD gerade die Rente mit 63 durchsetzt, macht der Herr Gemahl vor, dass es auch anders geht: Obwohl Joachim Sauer an diesem Sonnabend 65 wird und damit das Rentenalter seines Jahrgangs erreicht, denkt er nicht an Ruhestand.
„Professor Sauers Stelle wurde regulär um ein Jahr verlängert, bis September 2015“, teilte die Berliner Humboldt-Universität als sein Arbeitgeber der Berliner Zeitung mit. „Danach wird er für zwei Jahre eine Forschungsprofessur an der HU innehaben.“ In Rente geht Sauer demnach frühestens mit 68. Bis dahin soll er im Forschungsbereich „Molekulare Einblicke in Metalloxid/Wasser-Systeme“ arbeiten und sich der „strukturellen Evolution“ widmen.
Was in Laienohren rätselhaft klingt, ist für Sauer das Feld, auf dem er – auch dank Hunderter Publikationen – längst weltweit renommiert ist. Zugleich ist es das einzige Thema, zu dem er sich öffentlich äußert. Seine Rolle als „First Husband“, als Ehemann der mächtigsten Frau der Welt, füllt er äußerst zurückhaltend aus. Interviews gibt er dazu gar nicht; die einzigen regelmäßigen Auftritte an der Seite von Merkel sind die gemeinsamen Besuche der Wagner-Festspiele in Bayreuth. Zu den wenigen Ausnahmen zählten 2006 eine Wien-Reise und der Besuch des US-Präsidenten George W. Bush in Merkels Heimat Stralsund. 2007 lud Sauer erstmals zum „Damenprogramm“ am Rande des EU-Gipfels in Berlin, das deshalb in „Partnerprogramm“ umgetauft wurde: Während Merkel die allesamt männlichen EU-Staatschefs begrüßte, speiste der Professor mit den First Ladys Europas.
Widerspruch wohldosiert
Seine Leidenschaft für die Öffentlichkeit weckte es nicht. Dabei hat der Quanten- und Physikochemiker, der 1949 bei Senftenberg in Brandenburg geboren wurde, durchaus Interessantes zu erzählen. So gehört er zu den wenigen DDR-Forschern, deren Karriere ungebrochen weiterging. „Wir alle, die 1989 eine Stelle an der Akademie (der Wissenschaften) hatten, waren Opportunisten unterschiedlichen Grades“, sagte er über seine Ostkarriere. Um nicht von der Uni zu fliegen, habe er sich angepasst und den Widerspruch wohldosiert.
An der Akademie hatte er 1981 auch Merkel kennengelernt, die da als Physikerin forschte. Obwohl deutlich länger ein Paar, heirateten sie erst im Ende 1998 – als Merkel CDU-Generalsekretärin wurde. Entsprechend nannte er als „größtes Glück in meinem Leben“ jüngst nichts Privates, sondern: dass er Mauerfall und Wiedervereinigung erlebte. Allein, weil er nach Bayreuth reisen könne. Da überrascht es wenig, dass Sauer sich verbeten hat, von den Kollegen gefeiert zu werden. „Auf Wunsch von Herrn Sauer“, verrät Institutschef Rüdiger Tiemann, „finden keine vom Institut für Chemie organisierten Aktivität zum Geburtstag statt.“
