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Jede zweite Abrechnung falsch Jede zweite Abrechnung falsch: Krankenkassen fordern schwarze Liste für Kliniken

Von Jan Schumann 14.05.2019, 06:00

Magdeburg - Im Gesundheitswesen ist ein Streit um Krankenhaus-Rechnungen entbrannt. Die Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) beschuldigen Kliniken, nach Patienten-Behandlungen im großen Maßstab falsch abzurechnen: 2017 sei bundesweit jede zweite Rechnung (56 Prozent) fehlerhaft gewesen, so das Ergebnis einer Prüfung. Infolgedessen mussten Krankenhäuser 2,8 Milliarden Euro an Krankenkassen rückerstatten, bilanzieren die Kassen - bei Gesamtausgaben von 75 Milliarden.

Noch 2012 hatten sich fehlerhafte Rechnungen laut GKV auf 1,7 Milliarden summiert. „Nimmt man die Perspektive der Versicherten ein, sind dies Beitragsgelder, die ohne eine Prüfung für die Versorgung an anderer Stelle gefehlt hätten“, so der Spitzenverband.

Kassen wollen schwarze Liste

Deshalb fordern die Kassen neue Regeln: Sie wollen Sanktionen für fehlerhafte Rechnungen und eine Art schwarze Liste, „um zwischen falsch und korrekt abrechnenden Krankenhäusern klar zu unterscheiden“, so GKV-Vizevorstandschef Johann-Magnus von Stackelberg. Kassen in Sachsen-Anhalt unterstützen den Vorstoß. AOK-Sprecherin Anna-Kristina Mahler sagte:

„Auch der Bundesrechnungshof kritisiert, dass viele Krankenhausabrechnungen fehlerhaft sind und dass insbesondere Anreize für Krankenhäuser fehlen, korrekt abzurechnen.“ Kritisiert werde insbesondere, „dass fehlerhaft abrechnende Krankenhäuser keine Sanktionen befürchten müssen“.

Auch in Sachsen-Anhalt ist Fehlerquote hoch

Die in Sachsen-Anhalt aufgedeckte Fehlerquote ist laut Krankenkassen ähnlich hoch wie im Bund - es gehe um Rechnungen in Höhe von etwa 40 Millionen Euro, so Volker Schmeichel, Sprecher des Verbands der Ersatzkassen. Geprüft worden seien etwa 17 Prozent aller Rechnungen.

Kliniken weisen die Vorwürfe derweil scharf zurück. Die Forderung einer schwarzen Liste sei „populistischer Unsinn“, so die Deutsche Krankenhausgesellschaft. Bei den nun beanstandeten Rechnungen handele es sich „massenhaft um medizinische Einschätzungsunterschiede und formale Kriterien, die von den Krankenkassen zur Rechnungskürzung genutzt werden“. Im Gegenzug fordern die Kliniken ein einfacheres und transparenteres Abrechnungssystem.

Dies sei über die Jahre immer komplexer geworden, heißt es bei der Uni-Klinik Magdeburg: „Einem Krankenhaus aufgrund kleinster Mängel in der Dokumentation eine willentlich falsche Abrechnung zu unterstellen, kann nicht der alleinige Gegenstand der Diskussionen sein.“ Vielfach gehe es bei den Prüfungen schlicht um Verweildauern in Kliniken. Zudem komme es in einigen Fällen „nicht selten“ zur „kompletten Zahlungsverweigerung seitens der Krankenkasse“.

Sachsen-Anhalts Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne (SPD) befürwortet neue Sanktionen. „Gebraucht werden klare gesetzliche Regelungen, die das Ziel einer richtigen und gerechten Vergütung im Krankenhaus erreichen helfen.“ Das sei die Erwartung an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), der gerade an einer Reform arbeitet.

Kritisch sieht Grimm-Bennes Ministerium aber den Pauschalvorwurf gegen die Kliniken. „Angesichts unterschiedlicher Auffassungen über die erforderliche Behandlungsdauer der Patienten, die zutreffende Kodierung und die geltenden Abrechnungsmodalitäten ist es sehr schwierig, eine Rechnung komplett korrekt abzuliefern“, so das Ministerium. „Insofern ist es grundsätzlich nicht richtig, hier von Falschabrechnungen der Krankenhäuser zu reden.“ Dennoch sei es aktuell so, dass die komplexe Abrechnungspraxis als auch deren Prüfungen Personal und Geld binden, „das letztlich am Ende für die Versorgung der Patienten fehlt“. (mz)