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Japan Japan: Zwischen Pflichten und Sorgen

19.10.2009, 07:29
Professor Takashi Hashimoto, Vizepräsident des Verbandes Japanisch-Deutscher Gesellschaften (VJDG), Gesa Neuert, Vizepräsidentin des Verbandes Deutsch-Japanischer Gesellschaften (VJDG), Pastor Ulrich Pohl, Leiter Bodelschwingh'schen Anstalten Bethel, Japans Kaiserin Michiko und Hans-Joachim Daerr, Deutscher Botschafter in Tokio, beim Besuch einer Fotoausstellung über die Arbeit in Bethel in der Deutschen Botschaft in Tokio (FOTO: DPA)
Professor Takashi Hashimoto, Vizepräsident des Verbandes Japanisch-Deutscher Gesellschaften (VJDG), Gesa Neuert, Vizepräsidentin des Verbandes Deutsch-Japanischer Gesellschaften (VJDG), Pastor Ulrich Pohl, Leiter Bodelschwingh'schen Anstalten Bethel, Japans Kaiserin Michiko und Hans-Joachim Daerr, Deutscher Botschafter in Tokio, beim Besuch einer Fotoausstellung über die Arbeit in Bethel in der Deutschen Botschaft in Tokio (FOTO: DPA) dpa

Tokio/dpa. - An diesem Morgen steht der Besuch einerFotoausstellung über die Behindertenhilfe der BodelschwinghschenAnstalten Bethel in Bielefeld auf dem vollen Terminkalender derjapanischen Kaiserin Michiko. Für die von strengen Hofbeamten dezentauf Distanz gehaltenen Hofberichterstatter kaum vernehmbar, wechseltsie mit leiser Stimme ein paar Worte mit dem deutschen BotschafterHans-Joachim Daerr und schreitet sodann langsam von Bild zu Bild.

Wer einmal die japanische Kaiserin, die am 20. Oktober 75 Jahrealt wird, erlebt hat wie neulich in der Deutschen Botschaft, dergewinnt schnell den Eindruck einer freundlichen zarten Dame, die mitaufgeweckten Augen und würdevollem Lächeln ihren MitmenschenInteresse und Mitgefühl entgegenbringt. Seit ihrem Besuch in Bethel1993 an der Seite von Kaiser Akihito, so erzählt zum Beispiel andiesem Tag der Leiter der Anstalten Bethel, Pastor Ulrich Pohl, seies ihr ein besonderes Anliegen, «Behinderte in die Öffentlichkeit zubringen und nicht zu verstecken».

Manche Anwesende des kaiserlichen Botschaftsbesuches sahen in derergrauten Monarchin jedoch auch jene Frau, deren von uralten Ritualengeprägtes Leben hinter dem dichten Chrysanthemenvorhang desKaiserpalastes auch oft von Sorgen überschattet war und noch immer zusein scheint. Wenn Japans Hofberichterstatter und Klatschreporterüber die Monarchin berichten, fällt immer wieder das Wort «Kunan»(Schwierigkeiten). Zu ihrem 50. Hochzeitstag im vergangenen Aprilwurde auch Kaiser Akihito mit den Worten zitiert: «Ich bin sodankbar, dass sie das alles ausgehalten hat.»

«Nach meiner Heirat vollzogen sich in meinem Leben großeVeränderungen. Aber Ihre Majestät war immer von höchstem Verständnismit einem weiten, edlen Herzen», ließ Michiko anlässlich ihres 70.Geburtstages die Öffentlichkeit wissen. Seit ihrer Hochzeit mit demheutigen Kaiser Akihito werde sie von dem Gefühl der «schwerenVerantwortung» begleitet, «keine Schande für die kaiserliche Familiezu sein», erklärte die Kaiserin damals.

Der damalige Kronprinz Akihito hatte im April 1959 mit der fast2000 Jahre alten Hoftradition gebrochen und mit derUnternehmertochter Michiko Shoda eine Bürgerliche geheiratet. DieHochzeit zwischen Akihito und seiner «Tennisplatz-Liebe» versetztedamals Millionen Japaner in wahre Begeisterungsstürme. Doch zugleichbegannen Kaisertreue und nationalistische Kreise, Michiko das Lebenschwer zu machen. Zwischenzeitlich verlor sie sogar ihre Stimme. AberMichiko, die sich im Volk noch immer großer Popularität erfreut,zeigte Mut. Es gelang ihr, viele Neuerungen am konservativen Hofedurchzusetzen. So durften ihre beiden Söhne im Ausland studieren, undbeide heirateten später ebenfalls bürgerliche Frauen.

Doch auch Michikos Schwiegertochter, die frühere Elite-Diplomatinund heutige Kronprinzessin Masako, ist eine Außenseiterin am Hofe undhat unter dem psychischen Druck zu leiden. Offiziell erkrankte Masakoan einer «Anpassungsstörung», die vom enormen Stress ihres Amtesherrührt. Beobachter sehen dahinter vor allem den seit ihrer Heiratmit Kronprinz Naruhito, dem ältesten Sohn der Kaiserin, auf Masakolange Zeit lastenden Druck, einen männlichen Thronfolger zu gebären.

Zwar kam 2001 der langersehnte Nachwuchs: Töchterchen Aiko, diejedoch wegen ihres Geschlechts nicht als Thronfolgerin infrage kommt.«Wenn ein Mitglied der Familie leidet, ist dies eine Quelle derTraurigkeit für jeden in der Familie. Nicht nur ich, sondern alleMitglieder unserer Familie wünschen der Kronprinzessin Genesung undmöchten ihr hilfreich sein», ließ die Kaiserin einmal wissen. Derweilhaben Naruhitos jüngerer Bruder, Prinz Akishino, und dessen Frau,Prinzessin Kiko, das Thronfolgeproblem einstweilen gelöst: Sieschenkten dem Kaiserpaar spät noch einen Enkel, Prinz Hisahito.