Italien Italien: Prodi regiert ohne eigene Hausmacht

Rom/dpa. - In einerZeremonie im Quirinalpalast vereidigte Staatspräsident GiorgioNapolitano am Mittwoch die neue Mitte-Links-Koalition. «Dies ist eineMannschaft für die gesamte (fünfjährige) Legislaturperiode», sagteder 66-jährige Prodi. An diesem Donnerstag steht eineVertrauensabstimmung im Senat an, in dem die Koalition lediglich übereine knappe Mehrheit verfügt.
Dem insgesamt 26-köpfigen Kabinett gehören sechs Frauen an,allerdings erhielten fünf von ihnen zunächst keinen eigenenGeschäftsbereich. Außenminister ist der frühere Ministerpräsident undEx-Kommunist Massimo D'Alema. Seine Linksdemokraten haben neunMinister, die gemäßigte Margherita-Partei von KulturministerFrancesco Rutelli acht Ressorts. D'Alema und Rutelli sind zudemstellvertretende Regierungschefs. Kommunisten und Grüne stellenjeweils einen Minister. Prodi ist dagegen parteilos.
«Ich hoffe, dass die Regierung funktionieren wird, Versprechungendazu gibt es», sagte Prodi. Der als gemäßigt geltendeWirtschaftsprofessor Prodi hatte bereits vor genau zehn Jahren dieRegierung in Rom übernommen, wurde aber zwei Jahre später von denKommunisten gestürzt; später war er EU-Kommissionspräsident inBrüssel. Auch die 61. italienische Nachkriegsregierung gilt alsfragil.
Neuer Wirtschafts- und Finanzminister ist Tommaso Padoa Schioppa,der bis zum vorigen Jahr der Führung der Europäischen Zentralbankangehörte. Das Innenressort leitet Ex-Regierungschef Giuliano Amato,das Verteidigungsressort Arturo Parisi (Magherita). Der bekannteehemalige Staatsanwalt und Antikorruptionskämpfer Antonio Di Petrovon der Aktion «Saubere Hände» wurde zum Infrastrukturministerernannt.
Dem Vernehmen nach gab es bis zuletzt Reibereien über dieÄmterverteilung. Vor allem in den Reihen der Kommunisten seizeitweise Unzufriedenheit geäußert worden, berichteten italienischeMedien. Insgesamt wird das Regierungsbündnis von acht Parteien undmehreren Unabhängigen getragen. Die frühere EU-Kommissarin EmmaBonino solle den Geschäftsbereich für Europafragen erhalten, hieß es.
Eine entscheidende Hürde muss Prodi an diesem Donnerstag nehmen,wenn er sich der Vertrauensabstimmung im Senat stellt. Hier hat seinLager bei den Parlamentswahlen am 9./10. April lediglich zwei Stimmenmehr als das Mitte-Rechts-Lager Berlusconis erreicht. Allerdingswählen hier auch eine Hand voll lebenslang ernannter Senatoren sowiedie ehemaligen Staatspräsidenten mit. Die Vertrauensabstimmung imAbgeordnetenhaus ist für Anfang nächster Woche geplant.
Unterdessen sorgte der neue kommunistische Präsident desAbgeordnetenhauses, Fausto Bertinotti, mit einer offenen Kritik anPapst Benedikt XVI. für Schlagzeilen. Der Widerstand des Vatikansgegen die so genannte Homo-Ehe und das Zusammenleben unverheirateterPaare sei rückständig, sagte er im italienischen Fernsehen.Öffentliche Kritik am Papst galt unter Spitzenpolitikern in Italienbisher als Tabu. Bertinotti war kürzlich vom Prodi-Lager zum Kammer-Präsidenten gewählt worden.