Italien Italien: Berlusconi plant «das achte Weltwunder»

Rom/dpa. - Kaum ist der Politiker an die Macht in Romzurückgekehrt, hat der Milliarden-Plan, eine Brücke über die Meerengevon Kalabrien nach Sizilien zu bauen, sofort wieder Vorrang: In zweiJahren soll der erste Stein für die «Ponte sulle Stretto», vonBefürwortern auch «das achte Weltwunder» genannt, in Süditaliengesetzt werden. Und 2016 müsste dann fertig sein, was die Golden-Gate-Bridge in den Schatten stellt und höher ist als der Eiffelturm -fast vier Kilometer lang, sechs Milliarden Euro teuer, für 6000Fahrzeuge stündlich sowie 200 Züge am Tag. Die Baumeister der Mafiareiben sich bereits die Hände, sagen Kritiker.
Geträumt von einer Brücke nach Sizilien hatten schon die altenRömer, und auch Benito Mussolini wollte die Sache angehen. Mehrereitalienische Nachkriegsregierungen scheiterten an diesem Projekt derSuperlative, das Gegner für eine ungeheure Geldverschwendung halten:Die größte italienische Insel verliere ihren Charakter, auch sollteeher ins marode Verkehrsnetz der immer noch ärmlichen Stiefelspitzeinvestiert werden. Doch der Infrastruktur-Minister Altero Matteolihat nicht nur bereits vorgegeben, wann der Verkehr über daspharaonische Bauwerk rollen soll. Er argumentiert auch unbeirrt: «Esist ein Versprechen aus dem Wahlkampf. Die Brücke bringt ganz Italienetwas, vor allem aber Kalabrien und Sizilien.»
Im «stop and go» geht es seit sechs Jahren um das Wunderwerk, dasErdbeben von der Stärke 7,1 standhalten und mit einer Spannweite von3300 Metern auch die japanische Akashi-Kaikyo-Brücke noch um einigesübertrifft, die mit 1991 Metern die bisher längste Hängekonstruktionist. 2002 machte Berlusconi, seit dem Vorjahr wieder an der Macht,mit einem Dekret Dampf. Der erste Spatenstich wurde für 2006angekündigt. Der Mega-Bau übers Wasser sollte 40 000 Jobs schaffen,und alles privat finanziert werden. Doch dann wurde Berlusconi alsRegierungschef in Rom abgewählt. Sein Nachfolger Romano Prodi legtekurzerhand auf Eis, was Kritiker schon «Berlusconi-Denkmal» nannten.
Aber die Sizilien-Brücke ist wie das Ungeheuer von Loch Ness, dasdann doch wieder gesichtet wird. Eine finanzkräftige saudi-arabischeGruppe will in italienische Infrastrukturprojekte investieren, auchin die Messina-Brücke. Die für Jahre zur Seite gelegten Verträge sindnoch gültig, und die Regierung will eigens einen Staatssekretärabstellen, der das Milliardenvorhaben überwachen muss. Im Amt wäreder Medienzar und Milliardär Berlusconi wohl nicht mehr, sollte dieBrücke mit den 382 Meter hohen Pfeilern tatsächlich 2016 eröffnetwerden - vielleicht hat er sich bis dahin jedoch noch einen anderenTraum erfüllt und kommt dann als Staatspräsident zur Feier.
«Wie auch immer es jetzt kommt, die sizilianische Mafia stehtschon bereit und die kalabrische 'Ndrangheta auch», so schrieb dierömische Tageszeitung «La Repubblica». Es gibt viel Arbeit, wie siein Süditalien vor allem vom organisierten Verbrechen «koordiniert»wird - erst in den Steinbrüchen, dann die Erdbewegungen, Transporteoder das Mischen von Beton. Doch die Regierung in Rom blickt nachvorn: «Unsere Techniker haben überall in der Welt gebaut», sagtMinister Matteoli, «jetzt sollen sie mal Großes in Italien bauen.» Dakann die Mautgebühr später auch nur ziemlich deftig ausfallen.