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Irene Mihalic im Interview Irene Mihalic im Interview: "Nicht alle Flüchtlinge unter Generalverdacht stellen"

13.09.2016, 15:41
Irene Mihalic
Irene Mihalic imago stock&people

Irene Mihalic ist innenpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion. Im Interview äußert sie sich zu den Anti-Terror-Einsätzen am Dienstag.

Frau Mihalic, was schließen Sie aus den Festnahmen?

Zunächst einmal wissen wir ja noch sehr wenig. Um Details zu erfahren, haben wir die Bundesregierung aufgefordert, uns kommende Woche im Innenauschuss des Bundestags zu unterrichten. In solchen Fällen empfehle ich: Genau die Fakten prüfen und besonnen reagieren, statt mit eiligen Forderungen alle zu verunsichern.

Ist es nicht so: Mit den Flüchtlingen kommt der Terror?

Man darf wegen einiger Fälle nicht alle Flüchtlinge unter Generalverdacht stellen. Es ist eine perfide Strategie des IS, die Solidarität mit den Flüchtlingen in Europa zu diskreditieren. Dazu unternehmen zum Beispiel salafistische Gruppen auch gezielte Anwerbeversuche in Flüchtlingsunterkünften.

Das muss man in Kauf nehmen?

Nein. Wir müssen wachsam sein. Wir müssen wissen, wer zu uns kommt. Und wir müssen die Leute schneller ansprechen als salafistische Gruppen, damit Sympathien gar nicht erst entstehen. Wenn zum Beispiel Salafisten in Flüchtlingsunterkünften eine Sozialarbeiterfunktion übernehmen, dann läuft etwas falsch. Die Schlussfolgerung kann nur sein: Die Kommunen müssen ausreichend Geld haben für die Integrationsarbeit, für Sozialarbeiter für Therapeuten. Wenn Integrationsangebote da sind, ist die Wahrscheinlichkeit geringer, dass Menschen auf zwielichtige Angebote eingehen.

Und das reicht dann?

Man wird Terror nicht auf alle Fälle verhindern können. Eine absolute Sicherheit wird es nicht geben. Mehr als die Frage, ob mit Flüchtlingen Terror ins Land kommt, machen mir übrigens die rund 520 bekannten Gefährder Sorgen, die zum Teil hier in Deutschland geboren und aufgewachsen sind. Das sind deutsche Jungs, die Terror cool finden. Das sind echte Gefahren.

Aus der Union kommt die Reaktion nach Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft beziehungsweise die Aberkennung des deutschen Passes.

Menschen mit zwei Pässen sind doch nicht per se eine Bedrohung. Wenn uns nur einfällt, jemandem, der bei uns aufgewachsen ist, die deutsche Staatsbürgerschaft zu entziehen, dann haben wir als Gesellschaft vollkommen versagt. Damit diese Leute nicht zu Terroristen werden, braucht es mehr Präventionsarbeit. Das ist ein großer Mangel: Es gibt noch keine Präventionsstrategie, sondern nur einen Flickenteppich von meist unterfinanzierten Initiativen. Hier etwas zu unternehmen, ist weit sinnvoller als Scheindebatten über die doppelte Staatsbürgerschaft oder auch ein Burkaverbot.

Das Gespräch führte Daniela Vates.