Irans Präsident hält in Genf Hassrede gegen Israel
Genf/Berlin/dpa. - Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat bei der UN-Konferenz gegen Rassismus in Genf mit Israel-feindlichen Äußerungen für einen Eklat gesorgt. In einem vielfach als «Hassrede» eingestuften Beitrag beschuldigte er Israel eines rassistischen Umgangs mit Palästinensern.
Aus Protest verließen mehrere EU-Vertreter den Saal. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon warf dem iranischen Präsidenten vor, die Konferenz zu missbrauchen. Er sprach von einer «inakzeptablen Situation». Die US-Regierung forderte Ahmadinedschad auf, die «aufhetzerische Rhetorik» zu beenden.
Israels Präsident Schimon Peres bezeichnete die UN-Konferenz bei einer Rede zum Holocaust-Gedenktag als «Schande». Diese akzeptiere Rassismus eher als sie ihn bekämpfe. In der Gedenkstätte Jad Vaschem warf Peres Ahmadinedschad vor, den Holocaust zu leugnen und zur Beseitigung Israels aufzurufen.
Schon vor Beginn des Genfer Treffens hatten die USA und Deutschland ihre Teilnahme abgesagt, da sie befürchtet hatten, dass die Konferenz zu einem Podium anti-israelischer Erklärungen werden könnten. Auch Italien, Polen und die Niederlande hatten sich dieser Entscheidung angeschlossen. Später brach auch Tschechien seine Teilnahme ab.
Ahmadinedschad sprach vor den Delegierten von einer «völlig rassistischen Regierung» Israels, die die besetzten palästinensischen Gebiete beherrsche. Durch den «barbarischen Rassismus» sei eine ganze Nation heimatlos geworden, so Ahmadinedschad mit Bezug auf Palästina. «Zionisten» und ihre Verbündeten hätten zudem den Krieg im Irak geplant. Der Zionismus sei der «personifizierte Rassismus».
Während mehrere EU-Diplomaten den Saal verließen, appplaudierten andere Teilnehmer der Konferenz Ahmadinedschad. UN-Generalsekretär Ban verurteilte die Rede. «Das ist das Gegenteil dessen, was diese Konferenz erreichen will», sagte er. Die UN- Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, wies die Anschuldigungen Ahmadinedschads ebenfalls zurück. Sie sei «geschockt und zutiefst traurig» über die Rede.
Der Vortrag Ahmadinedschads sei ein nicht tolerierbarer Aufruf zu rassistischem Hass gewesen, ließ Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy mitteilen. Der iranische Präsident verhöhne die Ideale und Werte der Menschenrechtserklärung. Sarkozy forderte eine geschlossene Reaktion der EU. Der Sprecher des US-Außenministeriums, Robert Wood, bezeichnete Ahmadinedschads Äußerungen als «nicht hinnehmbar». Sie trügen nur dazu bei, rassistischen Hass weiter anzustacheln. Der Sprecher des Weißen Hauses, Robert Gibbs, sprach von einer «hasserfüllten Rhetorik».
Zu Beginn der Konferenz war der Boykott Deutschlands und der USA scharf kritisiert worden. «Ich bedauere zutiefst, dass einige sich entschlossen haben, beiseite zu treten», sagte Ban in seiner Eröffnungsansprache. «Wir träumen davon, in eine neue Richtung zu gehen, jedoch bleiben zu viele von uns in der Vergangenheit verstrickt.»
Russland verurteilte den Boykott. Offenbar seien nicht alle Regierungen bereit, sich den wachsenden Herausforderungen von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung zu stellen, sagte der russische Vize-Außenminister Alexander Jakowenko der Regierungszeitung «Rossijskaja Gaseta». Auch aus Österreich kam Kritik. Das Fernbleiben Deutschlands, Italiens, Polens und der Niederlande sei «kein Stärkezeichen der EU», sagte Außenminister Michael Spindelegger.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier wies Kritik an der uneinheitlichen Haltung der EU zurück. «Das ist weiß Gott keine Spaltung Europas in entscheidenden politisch-strategischen Fragen», sagte er nach einem Treffen mit dem italienischen Außenminister Franco Frattini in Berlin. Dieser betonte, alle EU-Staaten seien sich in der Verurteilung von Rassismus einig.
Deutschland hält sich allerdings die Möglichkeit offen, doch noch in die Beratungen bei der Konferenz einzusteigen. Die Bundesregierung werde das Treffen in den kommenden Tagen beobachten, sagte Vize- Regierungssprecher Thomas Steg. «Wenn sich ein positiver Ablauf abzeichnet, haben wir uns vorbehalten, in die Schlussdiskussion einzusteigen.» Als Grund für den Boykott nannte Steg unter anderem die «spezifische deutsche Geschichte». Mit dem Boykott nimmt Deutschland erstmals seit der Aufnahme in die Vereinten Nationen 1973 an einer großen UN-Konferenz nicht teil.
Die in Genf teilnehmenden EU-Staaten wollen in der Abschlusserklärung keine Verurteilung einzelner Staaten, Religionen oder antisemitische Äußerungen dulden. Im Entwurf für die Schlusserklärung seien die «roten Linien» der EU gewahrt geblieben. «Wir wissen, dass der Text nicht ideal ist», sagte die Sprecherin der EU-Kommission, Christiane Hohmann.
Die Teilnahme des iranischen Präsidenten an der Konferenz hatte schon vor Beginn der Konferenz für einen ersten diplomatischen Eklat gesorgt. Israel rief seinen Botschafter aus der Schweiz zu Beratungen zurück, nachdem Ahmadinedschad am Vorabend vom Schweizer Bundespräsidenten Hans-Rudolf Merz empfangen worden war.