Irans oberster Führer ruft Opposition zur Ordnung
Teheran/dpa. - Nach den erneut aufgeflammten Massenprotesten gegen die Führung im Iran hat der oberste Führer des Landes, Ajatollah Ali Chamenei, die Opposition zur Ordnung gerufen.
Am Montag warnte er sie davor, weiter Unruhe zu stiften. Ferner verurteilte er die angebliche Einmischung aus dem Ausland in die inneren Angelegenheiten des Irans nach den Präsidentschaftswahlen am 12. Juni. «Unsere Gelehrten sollten vorsichtig sein, was sie sagen und was sie nicht sagen», betonte Chamenei bei einem Treffen mit Staatsbeamten, das vom staatlichen Fernsehen übertragen wurde.
«Es kann unterschiedliche politische Geschmäcker im Iran geben», sagte er. «Aber wenn die Menschen spüren, dass es Feindseligkeiten innerhalb des Systems gibt, dann werden sie auf Distanz gehen», sagte Chamenei, der als oberster geistlicher und weltlicher Führer des Landes in allen politischen Angelegenheiten das letzte Wort hat.
Ohne dessen Namen zu nennen, nahm Chamenei mit seiner Kritik offensichtlich Bezug auf das Freitagsgebet seines Widersachers Ajatollah Akbar Haschemi Rafsandschani. Er hatte die jüngsten Entwicklungen nach den Vorwürfen des Wahlbetrugs und den Massendemonstrationen als «Krise» bezeichnet.
«Die Sicherheit des Landes zu unterhöhlen, ist eine der größten Sünden», sagte Chamenei. Der Westen werde die Proteste gegen die Islamische Republik missbrauchen und die Unruhen schüren.
Der frühere reformorientierte Präsident Mohammed Chatami hatte am Sonntag gesagt, die umstrittene Wiederwahl des ultrakonservativen Amtsinhabers Mahmud Ahmadinedschad sollte per Referendum überprüft werden. Er kritisierte die staatliche Gewalt gegen Demonstranten und die Festnahme früherer Offizieller harsch. Chatami, Rafsandschani und der bei der Wahl unterlegene Oppositionsführer Mir Hussein Mussawi bilden derzeit ein Dreigestirn innerhalb der Oppositionsbewegung.
Der von Ahmadinedschad zum neuen ersten Stellvertreter ernannte Esfandiar Rahim Maschaie hat Berichte zurückgewiesen, er sei bereits wieder zurückgetreten. Maschaie veröffentlichte das Dementi auf seiner Internetseite.
Die Ernennung Maschaies zum Vizepräsidenten hat in konservativen Kreisen im Iran heftige Kritik ausgelöst, weil dieser noch in seiner bisherigen Funktion als Tourismusminister den Iran als Freund des israelischen Volkes bezeichnet hatte. Ahmadinedschad hat sich dagegen als kompromissloser Kritiker des jüdischen Staates positioniert, dessen Vernichtung er mehrfach vorausgesagt hat.
Am Sonntag hatte der englischsprachige Sender des iranischen Staatsfernsehens Press TV berichtet, Maschaie sei auf Druck der Konservativen als Stellvertreter Ahmadinedschads zurückgetreten. Der Bericht war von keinem anderen iranischen Medium, wohl aber von einigen ausländische Medien aufgegriffen worden.
Oppositionsführer Mir Hussein Mussawi hat Ahmadinedschad mehrfach vorgeworfen, er besetze Kabinettsposten nach persönlichen Vorlieben und nicht nach Sachkompetenz. Maschaie ist der Schwiegervater von Ahmadinedschads Sohn.
Es wird erwartet, dass der Präsident die meisten Regierungsposten im August neu besetzt. Als erstes hatte er vergangene Woche Ali Akbar Salehi zum Chef des iranischen Atomprogramms und einem seiner Vize bestellt. Salehi gilt als Technokrat, der nicht zum engeren Kreis um Ahmadinedschad gehört.