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Iran Iran: Ohne Tankkarte kein Benzin

Von Farshid Motahari 15.05.2007, 08:17
Mahmud Ahmadinedschad bei einer Pressekonferenz in Abu Dhabi. (Foto: dpa)
Mahmud Ahmadinedschad bei einer Pressekonferenz in Abu Dhabi. (Foto: dpa) WAM

Teheran/dpa. - Denn obwohl derIran täglich 4,2 Millionen Barrel (159 Liter) Öl produziert, gibt derStaat pro Jahr umgerechnet 3,7 bis 5,9 Milliarden Euro für Benzin-Importe aus. Dem hohen Kraftstoffverbrauch der Iraner will dieRegierung von Präsident Mahmud Ahmadinedschad nun ein Ende setzen:Die Besitzer von etwa acht Millionen Autos sollen von Montagkommender Woche an nur noch mit einer Tank-Karte Sprit bekommen -Englisch sprechende Iraner nennen sie aus dem persischen übersetzt«Smart Card».

Geplant ist, dass private Autofahrer täglich nur noch drei Liter,Taxibesitzer 15 bis 20 Liter Benzin zum Preis von umgerechnet gut 8Euro-Cent tanken dürfen. Wer mehr tanken will, der muss für jedenLiter zwischen 24 und 32 Cent bezahlen. Das Parlament hat dem Planzugestimmt. Der Benzinpreis im Iran wird durch hohe staatlicheSubventionen niedrig gehalten. Etwa 73 Millionen Liter Spritverbrauchen die Menschen im Iran pro Tag, mehr als 40 Prozent davonsind importiert. Die staatlichen Zuschüsse reißen jährlich ein großesLoch in die Haushaltskasse.

Vor dem geplanten Start mit der Tank-Karte häufen sich dieProbleme: Die Besitzer von rund einer Million Autos haben noch keineKarte bekommen, ohne die es aber überhaupt kein Benzin geben wird.Zudem hat die Regierung die monatliche Benzin-Ration noch nichtendgültig festgelegt. Das iranische Parlament forderte von PräsidentAhmadinedschad unverzügliches Handeln.

Die Regierung aber fürchtet, dass die Initiative nicht nur diebereits mit 20 Prozent recht hohe Inflationsrate weiter nach obentreiben sondern auch ihrem Ansehen schaden könnte. In acht Monatenstehen Parlamentswahlen an. Eine Niederlage von AhmadinedschadsAbadgaran-Partei könnte auch seine eigenen Aussichten bei denPräsidentschaftswahlen 2009 beeinträchtigen.

Ein weiteres Problem ist technischer Natur: Zwar sind bereits an2300 Tankstellen Tank-Karten-Leser installiert worden, es ist abernoch unklar, ob sie auch fehlerfrei funktionieren. In einer Testphasein den vergangenen Wochen traten immer wieder Bedienungsprobleme auf.Zudem wissen die Tank-Karten-Besitzer bis jetzt noch nicht, wie sieihre Karten mit Geld aufladen können, um zu bezahlen. Hinzu kommt:Die Tankstellen haben zu wenig Personal, um die Karten zukontrollieren. Autofahrer könnten also auch die Tank-Karten und damitdie Benzinrationen von anderen Personen nutzen.

«Die Idee ist nobel, aber die Durchführung ist schlampig», sagteein westlicher Diplomat in Teheran. Viele Beobachter glauben nun,dass die Regierung gezwungen sein könnte, die Benzin-Initiativeaufzugeben und einfach den Spritpreis zu erhöhen, um dasHaushaltsloch zu stopfen. Weil der Iran nicht genug Raffinerien hat,muss der Staat das Benzin importieren. Der Export des Rohöls bringtdem Iran Einschätzungen zufolge mehr Geld als das Betreiben vonRaffinerien einbringen würde.

Der Parlamentsabgeordnete Hamid-Reza Katouzian kritisierte diePläne Ahmadinedschads: «So etwas gibt es in Ländern, wo Kriegherrscht, oder die sich in einer Krise befinden. Warum sollte einLand wie der Iran das Benzin rationieren und damit soziale Spannungenriskieren?»

Mittlerweile scheint auch Ahmadinedschad Angst vor seinem eigenenMut und den sozialen wie wirtschaftlichen Konsequenzen zu bekommen.Medienberichten zufolge ist der Kontingentierungsplan bereits aufSeptember 2007 verschoben worden. Bis dahin würden Autofahrer zwarnur noch mit Karte tanken können, allerdings erstmal weiterunbegrenzt zum Vorzugspreis. Und auf den Straßen Teherans gibt esauch jetzt schon gefälschte Tank-Karten zu kaufen.