Irak Irak: US-Armee zieht Kräfte um Nadschaf zusammen

Bagdad/Washington/dpa. - Mit einer massiven Truppenverstärkung um die irakischen Unruhestädte Nadschaf und Kerbela hat die US-Armee am Mittwoch versucht, dort die prekäre Sicherheitslage zu beruhigen. Zugleich liefen die Bemühungen um eine Freilassung der insgesamt rund 40 von Aufständischen entführten Ausländer weiter auf Hochtouren. In die Vermittlungen schaltete sich das Nachbarland Iran ein, das eine Delegation nach Bagdad entsandte. US-Präsident George W. Bush bekräftigte unterdessen, dass die Souveränität des Iraks wie geplant am 30. Juni an eine zivile Regierung übergeben werden soll.
Die US-Militärs hätten den klaren Befehl, «die Ausbreitung von Chaos und Gewalt» im Irak notfalls «mit aller Gewalt» einzudämmen und die Ordnung wieder herzustellen, sagte Bush am Dienstagabend (Ortszeit) auf einer seiner seltenen Pressekonferenzen. Es gebe aber weder einen Bürgerkrieg noch einen Volksaufstand. Die Mehrheit der Iraker wolle Freiheit und Unabhängigkeit. Wenn es für die Niederschlagung der Unruhen notwendig sei, werde die Zahl der US- Soldaten erhöht, betonte Bush. Derzeit befinden sich rund 130 000 US- Soldaten im Irak.
Rund um die Schiiten-Städte Nadschaf und Kerbela verstärkte die US-Armee ihre Position. Allein im Südosten von Nadschaf haben nach Angaben von Mitarbeitern der lokalen Verwaltung 2500 Soldaten Stellung bezogen. Der radikale Schiiten-Prediger Muktada el Sadr, den die Amerikaner gefangen nehmen wollen, verließ am Mittwoch den heiligen Bezirk der Pilgerstadt Nadschaf mit unbekanntem Ziel.
Ein Sprecher El Sadrs kündigte an, der Prediger wolle sich dem Urteil der schiitischen Religionsgelehrten unter Führung von Großajatollah Ali el Sistani beugen. El Sadr habe sich zu diesem Schritt entschlossen, «um den Besatzungstruppen keine Gelegenheit zu geben, die Krise und das Blutvergießen weiter zu eskalieren.» Weiter sagte der Sprecher, El Sadr stelle keine Bedingungen.
In einem dpa-Gespräch hatte El Sadr vor seinem Verschwinden am Morgen bekräftigt, er habe keine Angst vor den Drohungen der Amerikaner. Er selbst verhandele nicht mit den US-Besatzern. «Die Türen stehen aber offen für alle, die Gutes im Sinn haben», betonte El Sadr.
Die US-Armee erklärte, eine Offensive in Nadschaf sei nicht auszuschließen, sei aber nicht ihre «erste Wahl». Auch in der Nähe der Schwesterstadt Kerbela wurden US-Truppenverbände gesichtet. Der UN-Sonderberater für den Irak, Lakhdar Brahimi, begrüßte die Bemühungen um eine Entspannung rund um die irakischen Brandherde Nadschaf und Falludscha. Die Sicherheitslage müsse sich verbessern, damit es im Januar 2005 die ersten freien Wahlen geben könne.
Die russische Regierung beschloss angesichts der Welle von Entführungen, ihre Bürger in Sicherheit zu bringen. Insgesamt sollen über 800 Menschen ausgeflogen werden. Japan forderte seine Bürger erneut zum Verlassen des Landes auf. Derzeit befänden sich neben rund 530 Soldaten noch etwa 70 Japaner im Zweistromland, teilte ein Sprecher des Außenministeriums in Tokio mit. Am Mittwoch waren noch immer drei japanische Zivilisten - zwei Männer und eine Frau - in der Hand von Kidnappern. Der entführte französische Journalist Alexandre Jordanow kam dagegen frei. Der 40 Jahre alte Fernsehreporter war am Sonntag bei Dreharbeiten in einer Kampfzone bei Bagdad verschleppt worden.
Iran will sich nach Angaben aus Diplomatenkreisen aktiv um die Freilassung ausländischer Geiseln bemühen. Ein erster Schritt sei die Entsendung eines hochrangigen Mitarbeiters des Außenministeriums nach Bagdad. Zuvor hatte Irans Außenminister Kamal Charrasi erklärt, die Vereinigten Staaten stünden wegen der zugespitzten Lage im Irak mit der iranischen Regierung in Kontakt.
Die brüchige Waffenruhe in der westirakischen Aufständischen- Hochburg Falludscha wurde am Mittwoch erneut um 24 Stunden verlängert. Bei Gefechten in der Stadt starben in der Nacht zum Mittwoch nach Augenzeugenberichten fünf Iraker. Später griffen Aufständische in Al Gharma nordöstlich von Falludscha US-Soldaten an.