Irak Irak: Schiiten senden versöhnliche Töne an die Sunniten

Bagdad/Brüssel/dpa. - Während amWahltag noch mehr als 30 Menschen bei Anschlägen starben, blieb es amMontag so ruhig wie seit Monaten nicht mehr.
Allawi wertete den Ablauf der Parlaments- und Regionalwahlen alsbedeutenden Erfolg. «Gewaltakte wird es weiter geben, aber derTerrorismus ist bezwungen worden», sagte er in einerFernsehansprache. Nach ersten Einschätzungen hatten vor allem dieunter Saddam Hussein unterdrückten Schiiten sowie Kurden abgestimmt.Dagegen hatten viele Angehörige der islamischen Glaubensrichtung derSunniten den Urnengang wegen der amerikanischen Truppenpräsenzboykottiert. Die Sunniten gehörten im Saddam-Regime zu denPrivilegierten.
Großajatollah Ali al-Sistani gratulierte dem «irakischen Volk,Schiiten und Sunniten, Kurden und Arabern zu dieser großartigenLeistung.» Er hoffe, «dass nun alle Iraker gemeinsam in einem ZeltPlatz nehmen werden, dem irakischen Zelt», sagte sein VertrauterAhmed al-Safi in Nadschaf. Al-Sistani, der einflussreichsteschiitische Geistliche des Landes, hatte die Wahl zur religiösenPflicht erklärt.
Die schiitische Dawa-Partei will einige ihrer Sitze im Parlamentsunnitischen Politikern überlassen. «Wir wollen die Sunniten in denpolitischen Prozess integrieren» sagte Jaud al-Maliki, ein führenderPolitiker der Partei. Die Dawa führt zusammen mit dem Obersten Ratder Islamischen Revolution (SCIRI) die Vereinigte Irakische Allianzan, der die größten Chancen bei der Abstimmung eingeräumt wordenwaren.
Regierungen in aller Welt zeigten sich zufrieden mit dem Verlaufder als historisch geltenden Wahl. Sowohl Befürworter als auch Gegnerdes US-Einmarschs vor fast zwei Jahren zollten den irakischen WählernRespekt, die trotz des Bombenterrors und der Drohungen vonExtremisten am Vortag gewählt hatten.
Die EU-Außenminister würdigten am Montag den Mut der Iraker, trotzder Unsicherheit im Lande an den Wahlen teilzunehmen. «Es ist einmutiger Akt gewesen für die Demokratie», sagte Außenminister JoschkaFischer. Die Außenminister sicherten dem Irak erneut Hilfe beimWiederaufbau zu. Die Ausgaben dafür sollen um 200 auf 520 MillionenEuro erhöht werden.
UN-Generalsekretär Kofi Annan erklärte, nun sei die Zeit für eine«Versöhnung zwischen allen Seiten» im Irak gekommen. Selbst derrussische Präsident Wladimir Putin - ein früherer Kritiker - lobtedie Wahlen als «Schritt in die richtige Richtung».
Laut Schätzungen der Wahlkommission lag die Wahlbeteiligung bei 60Prozent - weit höher als erwartet. Von den im Ausland lebendenregistrierten Irakern gaben 93,6 Prozent ihre Stimme ab. InDeutschland hatten sich rund 95 Prozent der registrierten Irakerbeteiligt. Allerdings hatte sich auch nur knapp die Hälfte der inDeutschland lebenden Iraker registrieren lassen.
Im Irak blieb es nach dem Terror der vergangenen Wochenaußergewöhnlich ruhig. Bis zum Nachmittag wurde kein Anschlaggemeldet. Die Regierung hatte auch den Montag zum Feiertag erklärt.Im so genannten sunnitischen Dreieck kam es dagegen zu vereinzeltenZusammenstößen mit mehreren Verletzten. Beim Absturz einesTransportflugzeugs der britischen Armee im Irak starben am Sonntagnach Angaben von Verteidigungsminister Geoff Hoon zehn Menschen. DerMinister konnte am Montag nicht ausschließen, dass die Maschine inder Nähe Bagdads von Aufständischen abgeschossen wurde.
Die Regierung des Nachbarlandes Iran äußerte die Hoffnung, dassnun alle ausländischen Truppen aus ihrem Nachbarland abziehen. Iranwerde den Willen des irakischen Volkes respektieren und mit der neuenRegierung eng zusammenarbeiten, egal wie sie zusammengesetzt sei,sagte ein Regierungssprecher in Teheran.
Sehr verhalten reagierten die arabischen Regierungen. Sie betontenvor allem, die neue Führung müsse alles tun, um einAuseinanderbrechen des Vielvölkerstaates zu verhindern. Der syrischeMinisterpräsident Mohammed Nadschi al-Otari sagte: «UnserHauptanliegen ist es, dass im Irak Sicherheit und Stabilitätherrschen und dass die Besatzung beendet wird».
