Irak Irak: Neue Fahndungsplakate von Saddam
Falludscha/Bagdad/dpa. - Seit fünf Monaten schlüpft der irakische Ex-Staatschef Saddam Hussein aus allen Fallen, die ihm seine Verfolger stellen. Wie ein Phantom taucht der 65-Jährige mal hier und dort auf, und die US-Soldaten kommen wie zuletzt in der Stadt Baquba immer zu spät. Jetzt wendet sich die US-Zivilverwaltung mit neuen Fahndungsplakaten an die irakische Bevölkerung um Mithilfe. Vor allem im so genannten sunnitischen Dreieck, wo sich Saddam versteckt haben könnte, scheint dies eine eher aussichtslose Sache. Viele Iraker schwelgen förmlich in einer Saddam-Nostalgie.
«Für jeden Hinweis, der zur Ergreifung Saddam Husseins führt, oder jeden Beweis, dass er getötet wurde, gibt es die Aussicht, 25 Millionen US-Dollar zu erhalten», steht auf dem roten Plakat mit dem Porträt Saddams. Darunter sind die Gesichter seiner beiden getöteten Söhne mit einem Kreuz durchgestrichen. Schließlich sei es ein Hinweis gewesen, der zur Ergreifung und Tötung von Udai und Kusai geführt habe, begründet die Zivilverwaltung die Gestaltung des Plakates. Diese lobte erstmals auch 10 000 US-Dollar für Informationen über Sabotage-Akte und Anschläge auf alliierte Truppen aus.
Allein im August hat die US-Armee mit Saddams Cousin Ali Hassan el Madschid, mit seinem Bürochef Abed Hamid el Humud und Vizepräsident Taha Jassin Ramadan drei Spitzenleute aus dem innersten Zirkel des gestürzten Staatschefs festgenommen. Führende Offiziere der Elite- Einheiten Fedajin-Saddam sowie des Geheimdienstes und einige Unterstützer gingen ins Netz, nur vom meistgesuchten Iraker fehlt nach wie vor jede Spur. Der müsse alle zwei Stunden das Quartier wechseln und habe nicht mehr genug Anlaufpunkte zum Untertauchen, meinte ein Sprecher der US-Armee noch in der vergangenen Woche. Iraker erzählen inzwischen mit Häme, wie sich Saddam angeblich vor jedem erneuten Abtauchen noch kurz in der Öffentlichkeit zeigt, um die Amerikaner zu düpieren.
Die alliierten Besatzungsmächte sind sich sicher, dass Saddam Hussein ohne fremde Hilfe längst gefasst worden wäre. Insbesondere im so genannten sunnitischen Dreieck zwischen Bagdad, Ramadi und Saddams Heimatstadt Tikrit wird der sichere Hafen vermutet. Dort liegt auch die Kleinstadt Falludscha, wo Tausende von Anhängern förmlich in einer Saddam-Nostalgie schwelgen.
Wenn Saddam an seiner Tür klopfte, würde er ihn sofort beherbergen, sagt Ladeninhaber Mohammed. «Er ist mein Staatspräsident. Es ist mir eine Ehre, ihm Unterkunft zu gewähren. Es ist arabische Tradition, dass man ihn empfängt», sagt der 30-Jährige.
«Lieber heute als morgen», hätte der Kraftfahrer Abdallah Saddam zurück. Der sei viel gnädiger als die Amerikaner. «Wir müssen einen Führer haben, der uns unterstützt, der den Kopf oben trägt wie Saddam.» «Wir haben keinen Strom, kein Wasser, keine Sicherheit und keine Arbeit. Die Amerikaner haben uns nichts gebracht», sagt Ali. Auch er würde Saddam sofort ein Quartier bereiten.
Erstmals seit dem Sturz des Regimes verteilten US-Soldaten die «Wanted»-Plakate und entsprechende Handzettel auch in Bagdad. Offensichtlich schließen Saddams Jäger nicht mehr aus, dass er im Dschungel der Fünf-Millionen-Metropole untergetaucht sein könnte. Im Stadtteil Aadhimija hatte sich Saddam wenige Tage vor seinem Abtauchen am 8. April das letzte Mal öffentlich in der Menge gezeigt und damit viele Herzen erobert.
Saddam habe seine Leibwächter beiseitegeschoben und mit den Leuten gesprochen, sagt eine Frau. «Ich habe Saddam gehasst, aber als er auf der Brücke stand, habe ich geweint.» Auch andere Bewohner des Stadtteils würden Saddam aus Frustration auf die Amerikaner verstecken. Viele vergessen ihm nicht, dass er in dem von Sunniten bewohnten Stadtviertel ein Kaufverbot für auswärtige Iraker und ein Zuzugsverbot für Schiiten verfügt hatte.