Irak Irak: Keine Ruhe im «sunnitischen Dreieck»
Bagdad/MZ. - Tiefe Verzweiflung
Das "sunnitische Dreieck", das sich von Bagdad nach Ramadi (im Westen) und Tikrit (im Norden) zieht und auch die Städte Samarra und Falludscha einschließt, findet trotz aller politischer Bemühungen keine Ruhe. Auch fast drei Jahre nach dem Sturz von Diktator Saddam Hussein gärt hier die Unzufriedenheit, quält die Menschen eine tiefe Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit. Immer noch ist dieses Gebiet eine Hochburg des gewaltsamen Widerstandes. Immer noch treiben vor allem auch Kriminelle ihr Unwesen.
So überrascht es nicht, dass zwei deutsche Ingenieure hier entführt wurden. Die Täter mögen Kriminelle sein, fanatische irakische Nationalisten, Anhänger Saddam Husseins oder ausländische Jihadis. Sie alle finden im "sunnitischen Dreieck" ein reiches Betätigungsfeld und willigen Nachwuchs. Vor allem Anbar, die größte Provinz in diesem gefährlichen Raum, gilt historisch als Bastion des Arabismus im Irak. In den vergangenen Jahrzehnten wandelte sich diese Ideologie hier zu einem engeren irakischen Nationalismus.
Zehntausende arbeitslos
So stellte Anbar auch einen Großteil der Offiziere für die irakischen Streit- und Sicherheitskräfte. Deren Auflösung nach Kriegsende 2003 raubte Zehntausenden Männern aus diesem Gebiet die Existenz. Da viele von ihnen keine neue Arbeit fanden, schlossen sie sich dem gewaltsamen Widerstand an. Anbar ist aber auch wegen seiner Nähe zu Syrien und Irak das "Tor zur arabischen Welt".
Tor für Terroristen
Hier landen auch die meisten arabischen "Jihadis" auf dem Weg zur Kriegsfront gegen die verhasste US-Supermacht auf irakischem Boden. Viele Dörfer in der Provinz stehen trotz wiederholter massiver US-Militäroperationen unter Kontrolle der Aufständischen.
Jüngst allerdings kam es zu Konflikten zwischen lokalen und ausländischen Gewalttätern. Irakische Widerständler sollen, unterstützt von einigen Stämmen, begonnen haben, Jihadis aus ihren Stützpunkten zu vertreiben. Diese Spaltung weckt Hoffnung auf eine empfindliche Schwächung der Rebellion. Auch die Parlamentswahlen vom Dezember könnte den Widerstand spalten. Einige sunnitische Gruppen stehen in Verhandlungen über die Teilnahme an einer Regierung der "nationalen Einheit".
Doch viele Anhänger von Saddam Husseins Baath-Partei trauern immer noch den alten Privilegien nach und sind in einer Art Mafia-Netz miteinander verbunden. Die meisten von ihnen kämpften um die verlorene Vormachtstellung im Staat, gegen die US-Besatzungsmacht und die von ihr gestützte, von Schiiten dominierte irakische Regierung.