Irak Irak: Bürger ändern aus Angst vor Fememorden ihre Namen

Bagdad/dpa. - In einerZeit der konfessionellen Polarisierung kann die Zugehörigkeit zur jeweiligen Minderheit in der Nachbarschaft zum Todesurteil werden. Inden Nächten gehen Mordkommandos um, die Jagd auf Angehörige derjeweils anderen Religionsgruppe machen. Die zutiefst korrupte Polizeisieht dem nicht nur zu, sondern macht oft selbst mit bei diesenFememorden.
Abu Mustafa und seine Familie bedrückte genau dieses Problem. Dennmit Nachnamen hießen sie Al-Omar. «Es war keine leichteEntscheidung», sagt der 66-jährige Patriarch. «Aber anders kann sichdie Familie nicht gegen die konfessionelle Gewalt schützen.» Jetztheißen sie Ammar. In ihrer schiitischen Nachbarschaft klingt dasunverfänglich. Einer der Söhne änderte auch den Vornamen: vomeindeutig sunnitischen Bakr zum neutralen Mustafa.
In dem konfessionell gemischten, von Gewalt geplagten Vorort Doraim Süden von Bagdad will eine Frau namens Umm Omar - zu deutsch:Mutter von Omar - erreichen, dass ihr Mann der Namensänderung für denjüngsten Sohn zustimmt. Omar zieht die Aufmerksamkeit von Schiitenund Sunniten gleichermaßen auf sich. Aber der Mann hat bislang nichtsin der Sache unternommen. «Ich fürchte um das Leben meines Sohnes indiesem Meer von Gewalt», sagt Umm Omar.
Irakische Zeitungen berichteten in letzter Zeit häufig überBürger, die sich an die Behörden wandten, um ihren Namen von Omar inMohammed, Ammar oder Baschar ändern zu lassen. Aber die Mühlen derBürokratie mahlen langsam. Das irakische Personenstandsgesetzverlangt, dass der Betroffene sein Begehren in den Tageszeitungenveröffentlicht und dann zehn Tage wartet. Erhebt niemand Einspruch,wird dem Gesuch um Namensänderung stattgegeben.
Wer den legalen Weg scheut, kann für 30 000 Dinar (15 rpt 15 Euro)einen gefälschten Personalausweis erwerben. Vor allem bei Reisenübers Land wird es als «praktisch» angesehen, zwei Ausweise in derTasche zu haben, mit dem jeweils «richtigen» Namen für die Miliz, dieden jeweiligen Kontrollpunkt betreibt.
Der passende oder unpassende Name kann über Tod und Lebenentscheiden. Denn die Gewalt zwischen den konfessionellen undethnischen Gruppen zeigt kein Zeichen des Abebbens. Mehr als 30 000schiitische Familien in mehrheitlich sunnitisch bewohnten Gebietenzogen nach Angaben des irakischen Einwanderungsministeriums fort,nachdem sie Morddrohungen erhalten hatten. Die Leichenschauhäuser inBagdad nahmen in den ersten sieben Monaten dieses Jahren diesterblichen Überreste von mehr als 10 000 Mordopfern auf. Die meistenvon ihnen blieben unidentifiziert.