Interview mit Konstantin Wecker Interview mit Konstantin Wecker: «Es ist eindeutig schlimmer geworden»
BERLIN/MZ. - Herr Wecker, was sagen Sie zu dem Attentat von Passau?
Wecker: Das ist ein dicker Hund. Ich bin erschüttert. Das ist eine Tat, die den vielen Untaten, die sich die Nazis erlauben, die Krone aufsetzt.
Ihr Lied "Willy", in dem ein junger Kerl von bayerischen Nazis erschlagen wird, ist 30 Jahre alt. Angesichts der Tat von Passau könnte man meinen, die Zeit sei stehen geblieben.
Wecker: Ich erlebe das schon seit vielen Monaten. Ich habe von der NPD in Halberstadt schon einmal eine Art Auftrittsverbot bekommen. Die Gewalttaten mehren sich. Ich wusste allerdings nicht, dass es in Bayern jetzt auch schon so heftig zugeht. Man dachte immer, in Bayern sei alles Rechte von der CSU aufgefangen worden. Aber anscheinend ist das nicht mehr der Fall.
Sie haben als Bayer in Bayern bisher noch keine schlechten Erfahrungen gemacht?
Wecker: Ich habe etliche Morddrohungen bekommen. Aber da bin ich ja nicht der einzige. Ich habe meinen Mitarbeitern gesagt, sie sollen mir das gar nicht mehr vorlegen. Denn es belastet einen ja trotzdem. Ich ziehe den Hut vor diesem Polizeidirektor. Denn der geht offenbar entschiedener gegen den Rechtsextremismus vor als in manch anderen Bundesländern. Da liest man immer wieder von Gräueltaten der Nazis, die dann kaum geahndet werden, oder wo die Polizei sogar wegschaut.
Zuletzt galt Ostdeutschland als Hochburg der Neonazis. Ist Bayern jetzt ein ähnlich gutes Pflaster für die Szene?
Wecker: Ja. Und auch im Ruhrgebiet ist einiges los. Es ist zweifellos nicht nur Ostdeutschland. Es gibt allerdings Städte, etwa in Mecklenburg-Vorpommern, wo ich den Eindruck habe, da beherrscht der Kampfhund die Szene. Dass es nun auch in Bayern so heftig zugeht, ist erschütternd. Und ich frage mich, ob es nicht nochmal einen vernünftigen Ansatz geben könnte, ein NPD-Verbot in die Wege zu leiten.
Gegner eines Verbots sagen, dann müsste man die V-Leute aus der Partei abziehen.
Wecker: Man muss sie ja nicht direkt in der Partei einsetzen. Ich wäre absolut für ein Verbot. Eine Partei, die so eindeutig faschistische Züge trägt, hat in Deutschland nichts zu suchen. Man muss gegen diese Schmutzfinken radikal vorgehen. Bei dieser Ideologie, die so unendlich grausam war wie nichts auf dieser Welt, darf man kein Verständnis dafür haben, dass jemand sich dem zuwendet. Andererseits darf man sich nicht wundern, dass der braune Sumpf wieder zu blühen beginnt, wenn die Schere zwischen Arm und Reich bei uns weiter auseinander klafft.
Wie ist die Gesamtsituation, verglichen mit jener Zeit in den 70er Jahren, als Sie "Willy" schrieben?
Wecker: Es ist eindeutig schlimmer geworden. Die rechtsradikalen Gewalttaten haben sich gemehrt. Das ist gar kein Vergleich zu den siebziger Jahren, als ich dieses Lied geschrieben habe.