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Integrationsbarometer 2018 Integrationsbarometer 2018: Annette Widmann-Mauz nennt Ergebnisse "bemerkenswert"

Von Margarethe Gallersdörfer 17.09.2018, 15:33
Staatsministerin Annette Widmann-Mauz (CDU), Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration.
Staatsministerin Annette Widmann-Mauz (CDU), Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration. dpa

Die Mehrheit der Deutschen ist für eine Obergrenze, will aber trotzdem weiter Flüchtlinge aufnehmen: Die Ergebnisse, die der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration am Montag in Berlin präsentierte, klingen zunächst überraschend. Denn der „Integrationsbarometer 2018“, eine repräsentative Studie, zeigt: Das Integrationsklima hierzulande ist grundsätzlich positiv – auch wenn es sich derzeit im Lichte der jüngsten Ereignisse in Chemnitz und Köthen nicht so anfühlen mag.

Unterschied zwischen direktem Erleben und Medienwahrnehmung

„Man konnte in den letzten Jahren den Eindruck gewinnen, dass die Flüchtlingsdebatten den gesellschaftlichen Zusammenhalt nachhaltig gefährden“, sagte auch Studienleiter Thomas Bauer. Die empirische Erhebung zeige aber: Die Alltagserfahrungen der Menschen hinsichtlich des Zusammenlebens und der Integration seien besser und differenzierter, als dieser Diskurs insgesamt erwarten ließe – und auch weitgehend unempfindlich gegen punktuelle Medienereignisse.

Die Staatsministerin für Migration, Flüchtlinge und Integration Annette Widmann-Mauz nannte die Ergebnisse der Studie bemerkenswert: „Dort, wo direkte Kontakte bestehen – in der Nachbarschaft, im Freundeskreis, am Arbeitsplatz – ist die Einstellung in der Bevölkerung ganz besonders positiv. Und Eintrübungen des Intregrationsklimas gibt es dort, wo kulturelle Vielfalt nicht erlebt wird.“ Es gebe offensichtlich einen Unterschied zwischen direktem Erleben und der gefilterten, mittelbaren Wahrnehmung etwa über soziale Medien.

So ist es auch zu erklären, dass Menschen in Ostdeutschland im gesamtdeutschen Vergleich den skeptischsten Blick auf Zuwanderung haben – dort leben die wenigsten Menschen mit Migrationshintergrund. Interessant auch: Frauen sehen Zuwanderung insgesamt in deutlich positiverem Licht als Männer.

Haltung insgesamt positiver als erwartet

Für den Integrationsbarometer wurden bis Ende Januar 2018 bundesweit mehr als 9000 Menschen befragt, mehr als 6000 davon haben einen Migrationshintergrund. Die Studie kann daher auch repräsentativ die Meinungen unterschiedlicher Gruppen abbilden: Deutsche ohne Migrationshintergrund, (Spät-)Aussiedler, sowie Menschen mit Migrationshintergrund aus der Türkei, der EU und der übrigen Welt.

Zwar verzeichnet der Index eine geringfügige Verschlechterung des Integrationsklimas bei der Gesamtbevölkerung seit 2015 – von 65 auf 64 Punkte auf einer Skala von 1 bis 100. Trotzdem befinde sich die Stimmung damit stabil im positiven Bereich, so Studienleiter Bauer.

Auch die Haltung speziell gegenüber Flüchtlingen ist laut Integrationsbarometer weitaus positiver, als man hätte annehmen können angesichts des scharfen Tons in der gesellschaftlich-medialen Debatte: So glaubt unter den Befragten ohne Migrationshintergrund mehr als die Hälfte nicht, dass die aufgenommenen Flüchtlinge die Kriminalität im Land erhöhen werden. Zwei von dreien glauben sogar, dass sie Deutschland langfristig kulturell und auch wirtschaftlich bereichern werden.

Die Migrationsforschung kennt ein klassisches Muster in der Stimmung gegenüber Einwanderern, nach dem die „Neuen“ grundsätzlich negativer bewertet werden als „guten alten“ Migranten, deren Ansehen von neuen Zuwanderungskohorten profitiert.

Mehrheit ist für eine Obergrenze

Diese Dynamik spiegelt sich auch im Integrationsbarometer wieder: Fast drei Viertel der Befragten ohne Migrationshintergrund sind jeweils der Meinung, Migranten insgesamt hätten die Kriminalität im Land nicht erhöht. Und fast 80 Prozent sind der Ansicht, sie hätten Deutschland kulturell und wirtschaftlich bereichert. Bei der sowieso schon überraschend positiven Grundstimmung gegenüber den kürzlich eingewanderten Flüchtlingen ist daher durchaus denkbar, dass sie sich im Lauf der Zeit noch weiter verbessert.

Deutlich wird in dem Index aber auch die Sorge vor dem „Zu viel“: Zwar gibt es unter allen Befragungsgruppen außer den (Spät-) Aussiedlern klare Mehrheiten für eine weitere Aufnahme von Flüchtlingen in Deutschland; noch klarer sind die Mehrheiten aber bei der Frage nach der Notwendigkeit einer Obergrenze für Flüchtlinge. Lediglich unter den Befragten mit türkischem Migrationshintergrund gibt es dafür keine Mehrheit – laut Stiftungsrat könnte dies damit zusammenhängen, dass in der Türkei derzeit noch viel mehr Flüchtlinge leben als in Deutschland.