Integration von Einwanderern Integration von Einwanderern: Am 7. Februar 2005 starb Hatun Sürücü durch «Ehrenmord»

Berlin/dpa. - Bei der Mahnwache kam es zu einem Zwischenfall, als einRechtsvertreter der Familie Sürücü eine Erklärung verlas, in der die Familie den Tod der jungen Frau bedauerte und Trauer bekundete. Umstehende forderten den Sprecher zum Schweigen auf. Sie warfen der Familie unerträglichen Zynismus und Heuchelei vor.
Die 23 Jahre alte Hatun Sürücü war am 7. Februar 2005 von ihremjüngeren Bruder an einer Bushaltestelle erschossen worden, weil sie sich von ihrer muslimischen Familie gelöst hatte. Sie hinterließeinen kleinen Sohn. Das Berliner Landgericht verurteilte dengeständigen Bruder im April 2006 zu einer Jugendstrafe von neunJahren und drei Monaten. Ausreichende Beweise für eine Verstrickunganderer Familienmitglieder in das Verbrechen sah das Gericht nicht.Die beiden mitangeklagten älteren Brüder wurden freigesprochen. DasUrteil ist noch nicht rechtskräftig. Der heute sieben Jahre alteSohn der Getöteten lebt in einer Pflegefamilie. Hatun SürücüsSchwester hatte einen Sorgerechtsantrag gestellt, der vomAmtsgericht abgelehnt wurde.
Am Mittwochnachmittag sollte im Berliner Abgeordnetenhaus derDokumentarfilm «Crime: Berlin» über den Tod Hatun Sürücüs gezeigtwerden. Für den Abend war die Ehrung der deutsch-türkischenRechtsanwältin Seyran Ates mit dem Margherita-von-Brentano-Preis derFreien Universität (FU) vorgesehen. Damit sollte ihr Engagement fürdie Rechte von in Deutschland lebenden Frauen und Mädchen mitMigrationshintergrund gewürdigt werden. Die bereits mehrfach mitAuszeichnungen bedachte Frauenrechtlerin hatte im vergangenen Jahraus Angst vor Bedrohungen aus der muslimischen Männerwelt ihreAnwaltstätigkeit aufgegeben. Ermuntert durch zahlreicheSolidaritätsbekundungen will die 43-Jährige im Sommer in ihren Berufzurückkehren. Den türkischen Migranten und Verbänden in Deutschlandwarf sie vor, zu wenig gegen die Frauenunterdrückung zu unternehmen.