Innere Sicherheit Innere Sicherheit: Wie weit soll der Staat zum Schutz der Freiheit gehen?

Berlin/dpa. - Klarer Widerspruch kam jeweilspostwendend: Von einer «Guantánamoisierung» der Innenpolitik sprachdie Opposition, Bundespräsident Horst Köhler meldete zwischenzeitlichleise Zweifel an, und auch innerhalb der Koalition gab es Kritik undviele Fragen. Wie weit soll und muss der Staat gehen, um seine Bürgervor den Bedrohungen durch den internationalen Terrorismus zuschützen? Und ist nicht andererseits die Gefahr groß, dass man - sodie Schäuble-Kritiker - die Freiheit irgendwann zu Tode schützt?
Tatsächlich sind seit den Terrorattacken vom 11. September 2001zahlreiche Sicherheitsgesetze neu geschaffen oder verschärft worden - mit der Folge, dass Terrorverdächtige einfacher überwacht werdenkönnen. Bedenken der Opposition, auch unbescholtene Bürger könnten soin den Fokus der Ermittler geraten, verhallten weitgehend ungehört.
Beispiel Anti-Terror-Datei: Seit diesem Frühjahr können Polizeiund Geheimdienste auf diese gemeinsame Datei zugreifen. Gespeichertsind darin etwa Informationen über Familienstand, Bildungsabschlüsse,Bankverbindungen und die Religion von Terroristen und Verdächtigen.
Beispiel Reisepass: Auf Reisepässen sollen von November 2007 anneben digitalen Passfotos auch die Fingerabdrücke des Inhaberselektronisch gespeichert werden. Im Eilfall darf die Polizei dannonline Passfotos von Verdächtigen bei den Meldebehörden erfragen.
Noch im Gesetzgebungsverfahren steckt ein Entwurf zurvorsorglichen Speicherung von Telefon- und Internetverbindungen.Künftig soll erfasst werden, wer wann mit wem telefoniert hat. DieDaten sollen bei Verdacht auf eine Straftat abgerufen werden können.Unterschiedliche Meinungen gibt es aber in der Frage, wie lange dieDaten gespeichert werden sollen. Während der Regierungsentwurf eineDauer von einem halben Jahr vorsieht, hätten einige unionsregierteLänder gerne eine Verlängerung der Frist auf ein Jahr durchgesetzt.
Den größten Streit innerhalb der Koalition gibt es allerdings inder Frage der heimlichen Online-Durchsuchungen von Computern. WährendBundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Schäuble und die Union dies fürunabdingbar halten und im geplanten Gesetz über das Bundeskriminalamt(BKA) regeln wollen, regt sich auf Seiten der SozialdemokratenWiderstand. Kritiker beklagen nicht nur den damit drohenden Eingriffin die Privatsphäre, sondern zweifeln auch den tatsächlichen Erfolgder Maßnahme an. Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) etwameinte, mit Online-Durchsuchungen würden Sicherheitsbehörden ohnehinnur einen «DAU» erwischen - den «dümmsten anzunehmenden User». Undauch der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar ließ wissen, ihmhabe noch niemand schlüssig nachweisen können, dass dieSicherheitsbehörden das neue Fahndungsinstrument wirklich benötigen.
Wie gereizt die Stimmung zwischen den beiden Koalitionspartnernist, zeigte die Tatsache, dass es Schäuble für nötig befand, aus demUrlaub Äußerungen seiner Kabinettskollegin Brigitte Zypries (SPD) zuwidersprechen. Die Justizministerin hatte in einem Interview gesagt,Schäuble scheine von seiner Forderung abzurücken, dass das BKA-Gesetzeinen Passus zu Online-Durchsuchungen enthalten müsse. Schäuble dazuknapp: «Es wird kein BKA-Gesetz ohne Online-Durchsuchungen geben.»Wie der Streit nach der Sommerpause weitergeht, bleibt abzuwarten.
