Initiative «50 plus» Initiative «50 plus»: Zubrot für Ältere oder Rutschbahn-Effekt?
Halle/MZ. - Worum geht es bei der Initiative "50 plus"?
Ältere machen zunehmend die Erfahrung, dass ihnen beim Versuch, wieder in den Arbeitsmarkt zu kommen, nur relativ schlecht bezahlte Stellen angeboten werden. Das Modell von Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD) sieht nun vom kommenden Jahr an vor: Wer über 50 Jahre alt ist, Arbeitslosengeld I bezieht und eine neue Stelle annimmt, obwohl er weniger verdient als vorher, dem greift der Staat unter die Arme. Die Differenz zum letzten Nettolohn wird im ersten Jahr zu 50 Prozent ausgeglichen, im zweiten Jahr zu 30 Prozent. Beispiel: Wer früher 3 000 Euro verdient hat, vom neuen Arbeitgeber aber nur 2 000 Euro bekommt, der erhält ein staatliches "Zubrot": Im ersten Jahr nach der Arbeitslosigkeit gibt es monatlich 500 Euro, im zweiten Jahr jeweils noch 300 Euro dazu.
Und das soll für den Arbeitnehmer attraktiv sein?
In der Tat ist der "Rutschbahn-Effekt" problematisch: Zwar hat der ältere Arbeitslose die Rückkehr in einen Job geschafft. Aber er muss mit einer stufenweisen Lohnsenkung rechnen. Andererseits: Wird aus dem Kurzzeit-Arbeitslosen ein Langzeit-Arbeitsloser, trifft ihn der Übergang in das Arbeitslosengeld II viel härter. Der Kombilohn schafft einen Anreiz, die Bezugsdauer von Arbeitslosengeld I nicht voll in Anspruch zu nehmen - nach dem Motto: "Hauptsache wieder in Arbeit. Wenn ich erst mal wieder ,drin' bin, bietet sich vielleicht in absehbarer Zeit die Chance, sich noch mal zu verbessern." Derzeit gibt es 1,2 Millionen Arbeitslose über 50.
Was haben die Arbeitgeber von der Initiative?
Die Arbeitgeber erhalten einen Lohn-Zuschuss, wenn sie einen älteren Arbeitslosen einstellen und mindestens ein Jahr lang beschäftigen. Die Höhe des Zuschusses liegt zwischen 20 und 40 Prozent. Das Volumen wird jeweils mit der zuständigen Arbeitsagentur vereinbart. Die Beschäftigung eines älteren Arbeitslosen ist somit für eine Firma kostengünstiger, als sich einen Jüngeren "von der Straße zu holen".
Kann das Modell funktionieren?
Das Arbeitsministerium glaubt, dass die Idee mit dem Kombilohn etwa 100 000 Älteren zur Rückkehr auf den Arbeitsmarkt verhelfen kann. Andererseits: Solange die Arbeitslosigkeit auf hohem Niveau verharrt, muss auch mit erheblichen Mitnahme-Effekten sowie einem erneuten Verdrängungswettbewerb gerechnet werden. Bereits jetzt machen viele Unternehmen rege davon Gebrauch, den neu Eingestellten spürbar weniger Lohn zu gewähren als der Stammbelegschaft. Dieser Trend könnte sich weiter verstetigen.
Wie dauerhaft sind wohl die neuen Jobs für Ältere?
Das hängt weitgehend von den konjunkturellen Rahmenbedingungen ab. Steigen die Marktchancen einer Firma, wird sie eher ein Interesse daran haben, die neu Eingestellten länger zu beschäftigen. Die Politik setzt jedenfalls auf einen gewissen Mentalitätswechsel. Früher war die Haltung weit verbreitet: Ältere vorzeitig nach Hause schicken, um mehr Platz für Jüngere zu haben. Künftig bricht sich womöglich die Erkenntnis Bahn: Gerade dank der Älteren mit ihrer Erfahrung und ihrem besonderen Pflichtgefühl läuft es besser im Betrieb. Derzeit liegt die Beschäftigungsquote der über 55-Jährigen in Deutschland bei lediglich 45,4 Prozent. In Dänemark sind es 60,3 Prozent. Kommentar