Honecker-Geburtsort Honecker-Geburtsort: Erinnerung an «Erich» in Wiebelskirchen noch wach

Wiebelskirchen/dpa. - Im Gegensatz zu vielenEinwohnern im Saarland will der 46-jährige Joachim Honecker nicht dieLinkspartei wählen, obwohl er Lafontaine «früher durchaus schätzte».
Umfragen zufolge kann die Linkspartei bei der Bundestagswahl am18. September im Saarland mit deutlich mehr als zehn Prozent rechnen- weit mehr als in den anderen alten Bundesländern. Um dieses Ziel zuerreichen, werden landesweit 2000 Plakate mit dem Konterfei von OskarLafontaine aufgestellt, Gregor Gysi lächelt von 1000 Plakaten - auchin Wiebelskirchen. Das hätte auch dem 1994 gestorbenen Großonkel vonJoachim Honecker gefallen.
Auf den ist der 46-Jährige jedoch nicht gut zu sprechen: «Er warder erste Mann einer schlimmen Diktatur.» Auf seinen «unrühmlichenVerwandten», dem er «bis auf die Körpergröße überhaupt nicht ähnlichsieht», will er ansonsten nichts weiter sagen. Zur aktuellen Politikist er dagegen auskunftsfreudiger: «Ich finde die begonnenen Reformender SPD sehr wichtig und bin für Kontinuität.»
Die Sozialdemokraten haben in dem 7000 Einwohner zählendenWiebelskirchen eine lange Tradition. Der SPD-Ortsverein wurde schon1906 gegründet. In der Partei engagierte sich zunächst auch der Vatervon Erich Honecker bis er 1919 in die KPD eintrat. Sein am 25. August1912 geborener Sohn wurde mit zehn Jahren in der kommunistischenKinderorganisation «Jung-Spartakus-Bund» aktiv. Bis 1930 lebte derspätere DDR-Staats- und Parteichef in Wiebelskirchen.
Mit Jogginganzug und verschmierten Händen sitzt Rainer Dörenbecherin seinem Garten. Der Ortsvorsitzende der Deutschen KommunistischenPartei (DKP) wird auf alle Fälle das neue Linksbündnis wählen. Seineeigene Partei, die im Ort 30 Mitglieder zählt, tritt bei der Wahl am18. September nicht an. «Im Wahlprogramm der Linkspartei fehlt mirallerdings ein deutliches Bekenntnis zur Verstaatlichung derwichtigsten Produktionsmittel», sagt der Maschinenschlosser, der voneiner Renaissance des Kommunismus träumt. «Ich bin dafür, dass wireine Straße nach Erich Honecker benennen», fügt Karlheinz Ott (77)hinzu. Er ist Vorsitzender der Schalmeien-Kapelle, in der schon «derkleine Erich» die trompetenähnlichen Musikinstrumente bei KPD-Aufmärschen nach dem Ersten Weltkrieg mit der Trommel begleitete.
Ott würde Honecker gerne mit einer Gedenkplakette an dessenElternhaus ehren. In dem kleinen, leicht zerfallenen Haus direkt aneiner Ausfallstraße wohnt Gertrud Hoppstädter. Sie ist die letztenoch lebende Schwester von Erich Honecker. Die allein stehende 88-Jährige gibt prinzipiell keine Interviews.
Außer zwei Fotos im Heimatmuseum erinnert im Ort, der zuNeunkirchen gehört, überhaupt nichts an die einstige DDR-Größe. Das Grab von Honeckers Eltern wurde Anfang der 90er Jahre nach Ablauf der üblichen Frist eingeebnet, damit «kein Wallfahrtsort für Kommunisten»entsteht, sagt Klaus Hoppstädter. Der Ortsvorsteher ist seit 1966SPD-Mitglied. «Oskar (Lafontaine) hat die SPD im Ort gespalten. Wirhaben zwar noch 260 Mitglieder, aber viele Genossen über 60 Jahrengaben in den vergangenen Monaten ihr Parteibuch ab.»
Am 10. September 1987 war Hoppstädter auch schon Ortsvorsteher.Damals besuchte Erich Honecker in Begleitung des damalige SPD-Hoffnungsträgers und Ministerpräsidenten Lafontaine seinesaarländische Heimat. Zwei Jahre später wurde Honecker von Egon Krenzabgelöst, die Mauer fiel. Bei der Jugend scheint die Erinnerung anHonecker völlig verblasst zu sein. Der 16-jährige Thomas ist sichsicher, dass «Honecker vor Kohl Bundeskanzler» war.