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Hogesa-Krawalle in Köln Hogesa-Krawalle in Köln: Die protokollierte Eskalation

Von Damian Zimmermann 19.11.2014, 09:24

Köln - Das nordrhein-westfälische Innenministerium hat am Dienstag das Protokoll veröffentlicht, in dem minutiös geschildert wird, wie die Kölner Demonstration „Hooligans gegen Salafisten“ aus ihrer Sicht abgelaufen und anschließend eskaliert ist. Der Bericht wird am Donnerstag auch Grundlage einer Diskussion im Innenausschuss sein. Die Opposition kann nicht nachvollziehen, dass Innenminister Ralf Jäger (SPD) mit den Planungen der Polizei zufrieden ist: Die Polizei ist von lediglich 1500 Demonstranten ausgegangen und beruft sich dabei auf die Einschätzung des Versammlungsanmelders. Tatsächlich waren 4000 Hooligans vor Ort. Vier Tage vor der Demo hatten sich bereits 5500 Personen über Facebook angemeldet, am Tag der Demonstration selbst lag die Anmeldezahl bei 7205. Insgesamt hatte der Veranstalter 57.000 Einladungen verschickt.

Hier Auszüge aus dem offiziellen Protokoll.

12.00 Uhr Die ersten Hooligans versammeln sich auf dem Breslauer Platz direkt am Kölner Hauptbahnhof. Bislang gibt es keine besonderen Vorkommnisse.

12:20 Uhr Erster Kontakt der Polizei zum Versammlungsleiter

14.45 Uhr Einer der Organisatoren verliest die Auflagen. Verboten werden Pyrotechnik, Flaschen und Alkohol.

15:03 Uhr Offizieller Beginn der Versammlung Hogesa. Der Frontmann der Band „Kategorie C“ trägt zwei Lieder vor, begleitet von Wortbeiträgen. Die vorgetragenen Inhalte sind „strafrechtlich nicht relevant“. Es folgen weitere Reden von vier Personen. Einer betont, dass sie keine Nazis seien, was aus dem Publikum sowohl mit Applaus als auch mit Pfiffen quittiert wird. Ein weiterer Redner, der der norddeutschen Hooligan- und der rechtsextremistischen Szene zugeordnet wird, hebt beim Verlassen der Bühne den Arm zum Hitlergruß. Einzelne Demonstranten erwidern diesen. Später wird deswegen ein Strafverfahren eingeleitet.

15:33 Uhr Der Zug setzt sich in Bewegung. Der Versammlungsleiter und seine Ordner bemühen sich, die Teilnehmer zu friedlichem und gewaltfreiem Verhalten aufzufordern. Einige trinken trotz des Verbotes Alkohol, was die Polizei jedoch aus Deeskalationsgründen nicht verfolgt.

15:42 Uhr Auf der Maximinenstraße wird eine Dose auf Journalisten geworfen.

15:44 Uhr Einzelne Teilnehmer vermummen sich, während Journalisten filmen.

15:49 Uhr Die Situation eskaliert: In Höhe der Turiner Straße 15 betritt eine Person mit dem Trikot einer türkischen Fußballmannschaft einen Balkon im ersten Obergeschoss und zeigt den Teilnehmern den Mittelfinger. Diese bewerfen sowohl das Haus als auch die sich davor befindlichen Polizisten massiv mit Pyrotechnik und Flaschen. Die Beamten drängen die Demonstranten zurück in Richtung Aufzugstrecke. Der Versammlungsleiter fordert die Demonstranten auf, sich nicht provozieren zu lassen und weiter zu gehen, was die Teilnehmer nur teilweise befolgen. Gleichzeitig kommt es an der Absperrung Turiner Straße/Dagobertstraße ohne ersichtlichen Anlass zu einem Durchbruchversuch und massivem Flaschenbewurf gegen die dortigen Polizisten.

15:50 Uhr Im Bereich der Turiner Straße/Unter Krahnenbäumen kommt es zu massiven Auseinandersetzungen mit Journalisten.

15:58 Uhr „Eruptive Gewaltausbrüche“ und Bewurf von Gaststätten im Bereich Turiner Straße/Thürmchenswall, es liegen jedoch keine Hinweise auf Sach- und Personenschäden vor. Zur gleichen Zeit erklärt der Versammlungsleiter auf Höhe des Theodor-Heuss-Ring die Demonstration für beendet. Das hätte die Polizei ansonsten selbst getan. Unklar ist jedoch, ob die Ordner den Hooligans daraufhin auch mitteilen, dass die Veranstaltung beendet ist, und sich für einen geordneten Abzug einsetzen.

16:00 Uhr Die Teilnehmer sollen über die gleiche Strecke zum Breslauer Platz zurück geführt werden. In Höhe der Dagobertstraße kommt es erneut zu Flaschen- und Pyrotechnikwürfen sowie direkten Angriffen auf Polizisten. Zwei Wasserwerfer begleiten die Hooligans.

16:06 Uhr Nach einem erneuten massiven Flaschenbewurf setzt die Polizei die beiden Wasserwerfer ein, was „unverzüglich zu einer deutlichen Lageberuhigung“ führt.

16:35 Uhr Auf dem Breslauer Platz werden im Bereich des Kommerz-Hotels erneut Polizisten massiv mit Flaschen beworfen. Zeitgleich kippt eine Hooligan-Gruppe einen Kleinbus der Bereitschaftspolizei um. Polizisten können sich dem Wagen nicht nähern, der Vorfall wird später geprüft.

17:20 Uhr Vor der Bäckerei, die zum Hauptbahnhof gehört, greifen Hooligans Polizisten mit Flaschen, Steinen, Stangen und massiven Edelstahlständern an. Mehrere Polizisten werden verletzt und die Glasfassade des Hauptbahnhofs zum Teil erheblich beschädigt.

17:22 Uhr Erneut setzt die Polizei Wasserwerfer ein, was erneut zu einer schnellen Beruhigung der Situation führt. Es befinden sich noch rund 1000 Hooligans auf dem Breslauer Platz, der Rest ist zu diesem Zeitpunkt bereits abgereist.

Insgesamt wurden bei den Zusammenstößen 45 Polizisten verletzt, meist an Kopf, Schlüsselbein oder der Leistengegend. Die Diagnosen: Platzwunden, Prellungen, Knalltraumata. Auf der anderen Seite geht die Polizei von sechs verletzten Hooligans aus, wobei die Zahl nicht gesichert ist. Zehn Personen werden festgenommen, sieben in Gewahrsam genommen, darunter auch eine Frau. 111 Verfahren laufen, 63 Verdächtige sind identifiziert. Der Sachschaden beläuft sich auf rund 40.000 Euro.