Hintergrund Hintergrund: Streit um die Stammzellenforschung in Deutschland
Hamburg/dpa. - Über den Einsatz menschlicher embryonaler Stammzellen in der Forschung ist in Deutschland über Jahre hinweg engagiert und kontrovers debattiert worden. Grundlage für die jetzt erstmals erteilte Genehmigung zum Import von Stammzellen ist das am 25. April diesen Jahres vom Bundestag verabschiedete Stammzellengesetz, dem am 30. Januar eine Richtungsentscheidung des Parlaments vorausgegangen war. An Dynamik gewonnen hatte die deutsche Stammzellendebatte vor allem durch den vom Bonner Hirnforscher Oliver Brüstle schon Mitte 2000 gestellten Antrag auf staatliche Unterstützung bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG).
Nach dem mit breiter Mehrheit in namentlicher Abstimmung beschlossenen Gesetz bleibt der Import embryonaler Stammzellen entsprechend dem schon im Januar 1991 in Kraft getretenen Embryonenschutzgesetz zwar «grundsätzlich» verboten. Ausnahmen werden aber für «hochrangige Forschungsziele» unter strengsten Auflagen zugelassen. Mit Stammzellen hoffen Mediziner, in Zukunft schwere Krankheiten heilen und die Funktion verschlissener Organe wieder herstellen zu können. Die deutsche Forschung wollte vor allem mit internationalen Entwicklungen Schritt halten.
In der Gewissensfrage der Abgeordneten stand im Kern die Tötung von Embryonen gegen mögliche Therapien für Schwerkranke. Quer durch die Fraktionen des Bundestages gab es Anhänger eines völligen Import- Verbots und Befürworter von Ausnahmeregeln. Das von einer fraktionsübergreifenden Abgeordnetengruppe entworfene Gesetz sah schließlich unter anderem vor, dass nur vor dem 1. Januar 2002 durch künstliche Befruchtung gewonnene und in Labors in Kulturen gelagerte Stammzellen importiert werden dürfen. In einem Antrag müssen die Forscher darlegen, warum sie menschliche embryonale Stammzellen einsetzen wollen und nicht die ethisch unbedenklichen adulten Stammzellen aus Nabelschnurblut oder Stammzellen von Tieren. Seit Mitte Juli können deutsche Forscher beim Berliner Robert-Koch- Institut (RKI) solche Anträge stellen.
Dem Bundestagsbeschluss vorausgegangen war eine breite gesellschaftliche Debatte, in der unter anderem der von Bundeskanzler Gerhard Schröder berufene Nationale Ethikrat im November 2001 mehrheitlich für den Import votiert hatte.