Hintergrund Hintergrund: Schwarz-Gelb: Was ist abgehakt - was ist offen?
Berlin/dpa. - Ein Überblick über die wichtigsten Themen der Koalitionsgespräche vonUnion und FDP mit Stand vom Samstag:
STEUERN: Wie stark und in welchen Schritten sollen Bürger undUnternehmen entlastet werden? Diese entscheidende Frage ist nochnicht geklärt. Die Union hat Erleichterungen um 20 Milliarden Euroangeboten, die Liberalen fordern 35 Milliarden Euro. Weitgehend einigsind sich Union und FDP über Korrekturen bei der Unternehmens- undErbschaftsteuer. Außerdem sollen Entlastungen bei der Einkommensteuerkommen.
FINANZEN: Die Bankenaufsicht in Deutschland wird künftig unter demDach der Deutschen Bundesbank konzentriert. Bisher teilen sichBundesbank und die Finanzaufsicht BaFin die Bankenkontrolle. Detailssind noch offen. Weitgehendes Einvernehmen gibt es auch in Fragen derinternationalen Finanzbeziehungen, der Banken-Regulierung sowie derManagervergütung.
GESUNDHEIT: Die Zukunft des Gesundheitsfonds ist weiter offen.Strittig sind weiter die Kernfragen der Finanzierung der gesetzlichenKrankenversicherung. Die FDP will den Einstieg in ein System mitEinheitsprämien, die CSU lehnt dies ab. In mehreren anderen Punktensind sich Union und FDP einig. Gesetzlich Versicherten soll künftigder Wechsel in die private Krankenversicherung erleichtert werden.Bei den Arzneimitteln wollen die künftigen Koalitionäre die Kostendurch Vereinbarungen zwischen Krankenkassen und Herstellern senken.
INNERES: Alle Themen der Inneren Sicherheit sind abgehakt - auchdie zuvor strittigen Punkte. Für heimliche Online-Durchsuchungen vonComputern ist künftig die Genehmigung des Bundesgerichtshofs nötig.Die Methode bleibt dem Bundeskriminalamt vorbehalten und soll nichtauf andere Sicherheitsbehörden ausgedehnt werden. Telefon- undInternet-Verbindungsdaten werden weiterhin gespeichert, genutztwerden dürfen sie nur bei schweren Gefahren. Beim Kampf gegenKinderpornografie soll das BKA zunächst versuchen, eine Löschungentsprechender Internetseiten zu erreichen, statt diese sperren zulassen. Außerdem wollen die Koalitionäre künftig schärfer gegenSterbehilfe vorgehen. So soll die gewerbsmäßige Vermittlung vonGelegenheiten zur Selbsttötung unter Strafe gestellt werden. EinStrafmaß wurde nicht vereinbart.
SOZIALES: Die für Langzeitarbeitslose bislang recht rigidenAnrechnungsregelungen bei Vermögen und Hinzuverdiensten werdenentschärft. Das sogenannte Schonvermögen für Hartz-IV-Bezieher, dasspäter auch nicht auf die Grundsicherung im Alter angerechnet wird,steigt auf 750 Euro pro Lebensjahr und wird damit verdreifacht.Mit ihrer Forderung nach Einführung eines Bürgergeldes, das Hartz IVablösen soll, stößt die FDP dagegen bei der Union auf taube Ohren.Noch offen ist auch, wie Schwarz-Gelb die grundsätzlich bejahte Ost-West-Rentenangleichung bewerkstelligen will.
ARBEITSMARKT: Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat eine von der FDPgeforderte Lockerung des Kündigungsschutzes und Einschnitte bei derMitbestimmung bereits abgelehnt. Auch wie man den wachsendenSchuldenberg der Bundesagentur für Arbeit in den Griff bekommen sollund ob es vielleicht höhere Beiträge zur Arbeitslosenversicherunggeben soll, ist noch ungeklärt. Einig sind sich Union und FDP überein gesetzliches Verbot sittenwidriger Löhne. Grenze soll sein, wennein Entgelt um mehr als ein Drittel unter dem Durchschnitt desbranchenüblichen Lohnes liegt.
FAMILIE: Hauptstreitpunkt ist das vor allem von der CSU verlangteBetreuungsgeld für die Erziehung von Kindern bis zu drei Jahren inden Familien. Die FDP lehnt das ab und plädiert für ein Gutschein-Modell. Konsens ist dagegen, dass das Elterngeld flexibler werden undes mehr Vätermonate geben soll. Einig sind sich die künftigen Partnerauch, dass Familien mit Kindern steuerlich entlastet und dass dasKindergeld angehoben werden soll. Details sind aber noch unklar.
BILDUNG: Bei der Bildung streben die Koalitionspartner einStipendiensystem für die leistungsstärksten Studierenden an. Künftigsollen bundesweit zehn Prozent der besten Studierenden unabhängig vomElterneinkommen 300 Euro monatlich erhalten. Nach Vorstellungen vonUnion und FDP muss künftig jedes Kind bereits vor Schulbeginn Deutschkönnen. Alle Vierjährigen sollen daher einen Sprachtest machen.
AUSSEN/VERTEIDIGUNG: Die Wehrpflicht ist noch strittig. Die FDPverlangt die Aussetzung des Pflichtdienstes für Männer, CDU und CSUhalten diesen für unverzichtbar. Auch über die Forderung derLiberalen nach einem Abzug der US-Nuklearwaffen aus Deutschland gibtes noch keine Einigung. Ein Kompromiss gelang dagegen bei der Frageder Integration der Türkei in die EU. In denKoalitionsvertrag sollein Passus aufgenommen werden, wonach die Verhandlungen zwischen derEU und der Türkei «ergebnisoffen» geführt werden sollen.
ENERGIE: Die Laufzeit sicherer Atomkraftwerke soll über 2022hinaus verlängert werden. Konkrete Angaben wie Jahreszahlen sollen imKoalitionsvertrag nicht genannt werden. Die Atomindustrie soll eineVerlängerung der Laufzeiten für Kernkraftwerke zum Nulltariferhalten, zusätzliche Gewinne sollen in die Kassen des Bundesfließen. Die Atommüll-Entsorgung will Schwarz-Gelb zügig anpacken.Das niedersächsische Salzbergwerk Gorleben soll als möglichesEndlager sofort erkundet werden.
AGRAR: Der Anbau von Gen-Pflanzen ist zwischen CDU, CSU und FDPumstritten. Die FDP besteht darauf, dass das Anbauverbot für Genmaisgekippt wird. Die CSU fordert, dass letztendlich die Bundesländerselbst über ein Anbauverbot entscheiden können. Für die Milchbauernwurden von den Unterhändlern weitere Hilfen vereinbart.
VERBRAUCHERSCHUTZ: Strittig ist, ob Bahnkunden bei Verspätungenfrüher als derzeit entschädigt werden. Entschieden ist dagegen, dassSchwarz-Gelb die Lebensmittelkennzeichnung verbessern will. Im Kampfgegen Internet-Abzocke soll ein Pflicht-Bestätigungsfeld für Verträgekommen. Zudem soll der Anlegerschutz verbessert werden.