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Hintergrund Hintergrund: Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte

28.01.2004, 10:56

Straßburg/dpa. - Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), gegründet im Jahr 1959, hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Mit einer Reform von 1998 wurde Einzelpersonen erstmals die Möglichkeit eingeräumt, sich wegen einer Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention direkt an den Straßburger Gerichtshof zu wenden. Davor galt ein mehrstufiges, kompliziertes Verfahren. Die Änderung hat dem Gericht einen derart großen Zulauf beschert, dass inzwischen erneut über eine Reform diskutiert wird: Die Zahl der neuen Verfahren schnellte im vergangenen Jahr auf 38 000; im Jahr 1999 waren es noch gut 20 000.

Der EGMR ist eine Institution des Europarats - nicht zu verwechseln mit dem Europäischen Gerichtshof der EU in Luxemburg. Ihm gehören 44 Richter an, was der Zahl der Europaratsmitglieder entspricht. Seine Zuständigkeit erstreckt sich auf rund 850 Millionen Bürger in den Europaratsstaaten. Beschwerdeführer müssen allerdings zunächst den Rechtsweg vor den nationalen Gerichten ausgeschöpft haben.

Die Urteile des EGMR sind für die Mitgliedstaaten bindend - allerdings hat er keine Möglichkeit, ihre Durchsetzung zu erzwingen. Üblicherweise müssen die Staaten innerhalb einer bestimmten Frist, meist zwischen sechs und zwölf Monaten, berichten, wie sie die Entscheidung umgesetzt haben. Überwacht wird dies vom Ministerkomitee des Europarats. Nach den Erfahrungen des Tübinger Völkerrechtsprofessors Martin Nettesheim funktioniert dies recht gut: Die Staaten fürchteten die Prangerwirkung, wenn sie die Urteile nicht umsetzten.