Hintergrund Hintergrund: Die Reform der Erbschaftssteuer
Berlin/ddp. - Die Nachrichtenagentur ddp stelltnachfolgend die wichtigsten Regelungen vor.
AUFKOMMEN: Auf die Bundesländer kommen 2008 und 2009Steuermindereinnahmen von 185 Millionen Euro beziehungsweise 190Millionen Euro zu. Grund ist vor allem, dass Erben vorübergehendbestimmen dürfen, ob sie nach altem oder neuem Recht besteuert werdenwollen und so die für sie günstigere Regelung auswählen können. Inden drei nachfolgenden Jahren belaufen sich die Mindereinnahmenvoraussichtlich auf 40 Millionen Euro, 45 Millionen Euro und 20Millionen Euro.
FAMILIEN: Kinder, Enkel oder Ehepartner (Steuerklasse I) werden inden meisten Fällen keine Steuer zahlen müssen. So treten etwa keineBelastungen auf, wenn sie ein durchschnittliches Einfamilienhauserben. Eingetragene Lebenspartner sollen zudem bessergestellt werden,da ihr persönlicher Freibetrag künftig dem eines Ehegattenentspricht. Allerdings bleibt der Partner der Steuerklasse IIIzugeordnet, die für entfernte Verwandte oder Erben gilt, die nichtzur Familie gehören. Nachteile kommen auf Eltern, Geschwister, Neffenund Nichten (Steuerklasse II) von Verstorbenen zu, da für sie derEingangssteuersatz deutlich steigt.
FREIBETRÄGE: Für Ehegatten steigt der persönliche Freibetrag von 307000 Euro auf 500 000 Euro. Für Kinder gelten künftig 400 000 Eurostatt 205 000 Euro, für Enkel 200 000 Euro statt 51 200 Euro. FürEltern, Geschwister, Neffen und Nichten steigt der Freibetrag von 10300 Euro auf 20 000 Euro und für Erben außerhalb des engerenFamilienkreises von 5200 Euro auf ebenfalls 20 000 Euro.
STEUERSÄTZE: Die Sätze für Kinder, Enkel oder Ehepartner bleibenweitgehend unverändert. Für die anderen Erben steigen dieEingangssteuersätze künftig deutlich auf 30 Prozent. Eltern,Geschwister, Neffen und Nichten zahlen bislang hingegen 12 Prozent,die «übrigen» Erben 17 Prozent. Große Vermögen sollen in derSteuerklasse I mit maximal 30 Prozent besteuert werden, ansonstengelten 50 Prozent.
UNTERNEHMEN: Bei der Unternehmensnachfolge sollen Erben dannsteuerlich begünstigt werden, wenn sie Arbeitsplätze über zehn Jahrelangfristig sichern und den Betrieb mehr als 15 Jahre fortführen.Damit 85 Prozent des Firmenwerts erbschaftssteuerfrei bleibt, müssenjedoch einige Voraussetzungen erfüllt werden. So darf die jährlicheLohnsumme in zehn Jahren nicht unter 70 Prozent sinken. Grundlagedafür ist der Durchschnitt aus den letzten fünf Jahren vor demErbfall. Die Lohnsumme umfasst Löhne, Gehälter und andere Bezüge vonüberwiegend oder ausschließlich in dem Betrieb beschäftigten. DieRegel gilt nicht für Unternehmen mit bis zu zehn Beschäftigten.Darüber hinaus muss das Vermögen 15 Jahre lang im Betrieb erhaltenwerden. Ist das nicht der Fall, muss nachversteuert werden.
VERFASSUNGSURTEIL: Die große Koalition musste die Gesetzgebungreformieren, nachdem das Bundesverfassungsgericht die geltendeRegelung für verfassungswidrig erklärt hatte. Laut Urteil sollenkünftig alle der Erbschaftssteuer unterliegenden Vermögensarten nachgleichen Maßstäben bewertet werden. Die Besteuerung muss sich demnacham «gemeinen Wert» orientieren, unabhängig davon, ob Wertpapiere,Häuser, Ländereien oder ganze Unternehmen vererbt werden. In derVergangenheit wurden etwa bei bebauten Grundstücken Bedarfswerteherangezogen, die im Schnitt nur 50 bis 60 Prozent des Marktwertesausmachten. Die Steuer muss bis Ende 2008 neu gestaltet werden.
WAHLRECHT: Betroffene können rückwirkend zum 1. Januar 2007 wählen,ob sie das alte oder das neue Recht anwenden wollen. Das Wahlrechtgilt bis zum Inkrafttreten der Neuregelung.
ZEITPLAN: Die Bundesregierung strebt ein Inkrafttreten des Gesetzesim Frühjahr 2008 an. Angesichts der Kritik von Seiten desUnion-Wirtschaftsflügels an den Bedingungen für einesteuerbegünstigte Unternehmensnachfolge ist dies jedoch erst kurz vorder Sommerpause 2008 wahrscheinlich.