Hintergrund Hintergrund: Die Kölner Müllverbrennungsanlage
Köln/dpa. - Beim Skandal um fingierte SPD-Spenden und dubioseMillionen-Transfers taucht immer wieder die Müllverbrennungsanlage(MVA) Köln auf. Die Anlage kostete in den 90er Jahren 792 MillionenMark (405 Millionen Euro). Mit den Kosten für Grundstück,Erschließung und weiterer Bauten belief sich die Gesamtinvestitionauf rund 1,2 Milliarden Mark (mehr als 600 Millionen Euro).
Nach Angaben der Betreiber werden in der Anlage jährlich rund600 000 Tonnen Müll verbrannt. Der stamme zu 90 Prozent aus demRegierungsbezirk Köln und zu zehn Prozent aus anderen TeilenNordrhein-Westfalens. Aus anderen Bundesländern oder aus dem Auslandwerde kein Abfall verfeuert, sagte ein Sprecher. Nachfolgend eineChronologie zur Entstehung der Anlage:
Ende 1988: Der Kölner Stadtrat beschließt den Bau einer Restmüll-Verbrennungsanlage in Köln. Bereits zu diesem Zeitpunkt wird darübergestritten, wie groß die Anlage sein soll.
Juni 1989: Als Standort wird der Kölner Stadtteil Niehl ausgewählt.Es kommt zu ersten Bürgerprotesten.
Herbst 1991: Der bisherige Leiter des städtischen Hauptamtes, UlrichEisermann, wird damit beauftragt, den Bau der Müllverbrennungsanlage(MVA) vorzubereiten. Neben den Stadtwerken wird das ViersenerEntsorgungsunternehmen Trienekens an den Planungen beteiligt.
Frühjahr 1992: Der Kölner Stadtrat fasst den Beschluss zur Gründungder Abfallverwertungsgesellschaft (AVG). Es folgt ein Streit zwischendem damaligen Regierungspräsidenten Franz-Josef Antwerpes (SPD) undNRW-Umweltministerin Bärbel Höhn (Grüne) über die Notwendigkeit derAnlage.
Januar 1994: Kölns Oberstadtdirektor Lothar Ruschmeier unterschreibtin seiner Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender der AVG den Vertragzum Bau der MVA gemeinsam mit dem damaligen Geschäftsführer SigfridMichelfelder von der Gummersbacher Firma Steinmüller.
Januar 1995: Rund 50 000 Kölner sprechen sich in einem Bürgerbegehrengegen den Bau der MVA aus. SPD und CDU weisen die Eingabe zurück undwerden darin später von den Gerichten bestätigt.
1. Februar 1996: Die AVG erhält vom Regierungspräsidenten dieGenehmigung zum Bau der MVA.
21. Februar 1996: Nach dem ersten Spatenstich durch Ruschmeier (SPD)und AVG-Chef Ulrich Eisermann werden die Bauarbeiten aufgenommen.
26. Februar 1998: Offizielle Eröffnung.
Herbst 2000: Trienekens stockt seinen Anteil an denAbfallwirtschaftsbetrieben von 25,1 auf 49,9 Prozent auf. Kritikerbemängeln, dass es keine Ausschreibung gegeben habe. Der unterlegeneKonkurrent Rethmann beschwert sich vergeblich darüber.
Juni 2000: Nach einer anonymen Anzeige nimmt die KölnerStaatsanwaltschaft Ermittlungen auf, um die Hintergründe des MVA-Bauszu beleuchten. Eisermann wird der Bestechlichkeit undSteuerhinterziehung verdächtigt.
26. Februar 2002: Eisermann und Michelfelder werden wegenVerdunklungs- beziehungsweise Fluchtgefahr in Untersuchungshaftgenommen.
4. März 2002: Der SPD-Politiker Norbert Rüther tritt von seinenÄmtern zurück und aus der Partei aus. Er kündigt über seine Anwältean, bei der Kölner Staatsanwaltschaft Aussagen zur Spendepraxis derSPD und zum Komplex der MVA machen zu wollen.