Hintergrund Hintergrund: Die Hotel-Steuer - Klientelpolitik oder Segen?
Berlin/dpa. - Von reiner Klientelpolitik sprechen SPD, Linke undGrüne. Es gehe darum, Deutschland im Wettbewerb mit Nachbarländern zustärken, in deren Hotelgewerbe bereits niedrigere Mehrwertsteuersätzegelten, argumentiert die Regierung. Aber selbst BundesfinanzministerWolfgang Schäuble (CDU) sagt, die pro Jahr rund eine Milliarde Eurokostende Steuersenkung sei nicht seine Idee gewesen.
Warum wird von Klientelpolitik gesprochen?
Weil eine Branche einseitig subventioniert wird, argumentiert dieOpposition. Der frühere Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD)hatte 2009 auf EU-Ebene mit seinen Kollegen den Weg für niedrigereSteuern im Hotel- und Gastgewerbe frei gemacht, eine Umsetzung fürDeutschland aber abgelehnt. Besonders der Deutsche Hotel- undGaststättenverband (Dehoga) hatte Druck für die Senkung gemacht -sein Präsident Ernst Fischer ist FDP-Mitglied. Aber: Die FDP hattedas Vorhaben schon 2007, lange vor der kritisierten Millionenspendeeines Hotel-Unternehmens, in ihr Programm aufgenommen.
Kann die Senkung ein Segen sein für die Hotellerie?
Dehoga-Präsident Fischer sagt, dass ohne die Senkung 100 000Arbeitsplätze akut gefährdet seien. FDP-Generalsekretär ChristianLindner wiederholte diese Argumentation am Montag wortgleich. DasBeherbergungsgewerbe, das besonders unter dem Rückgang beiGeschäftsreisen leidet, verzeichnet seit längeren erheblicheUmsatzeinbußen. Ob von der Maßnahme ein nachhaltiger Wachstumsimpulszu erwarten ist, ist aber umstritten. Eine Umfrage unter 5700 Hotel-Unternehmern ergab, dass im Schnitt nur 21 Prozent des zusätzlichenGeldes in Preissenkungen fließen sollen.
Wer war der Motor in der Koalition für eine Hotel-Steuer?
FDP und CSU - die beide hohe Spenden von dem Milliardär AugustBaron von Finck bekommen haben, dessen Familie Miteigentümer derMövenpick-Gruppe mit 14 Hotels in Deutschland ist. Die CSU starteteim Frühjahr 2009 eine Bundesratsinitiative und machte die Forderungzum Wahlkampfthema. Wie eine Auswertung von dpa-RegioData ergab,entfällt jede fünfte Gästeübernachtung in Deutschland auf ein Hoteloder eine Pension in Bayern.
Seit Januar gibt es die Hotel-Steuer. Wie sind die Erfahrungen?
Acht Wirtschaftsverbände beschwerten sich einem «Welt»-Berichtzufolge bei der Bundesregierung über die neue Regelung. Sie mache dieAbrechnung von Dienstreisen komplizierter, heiße es in einem Brief andas Bundesfinanzministerium. Kern des Problems ist, dass derniedrigere Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent nur für die Übernachtunggilt. Das Frühstück wird weiter mit 19 Prozent besteuert.