Hetze im Netz Hetze im Netz: So wollen sich Parteien gegen Fake News und Co. wehren

Berlin - Rund acht Monate vor der Bundestagswahl sagen die Parteien Fake News, Hate Speech und Social Bosts den Kampf an. Am Mittwoch hat nun auch die CDU/CSU-Bundestagsfraktion einen Aktionsplan vorgestellt, der den künftigen Umgang mit dem Thema regeln soll.
Löschkriterien der Anbieter sollen öffentlich gemacht werden
In dem Papier fordert die Union unter anderem, dass Plattformanbieter ihre Löschkriterien öffentlich machen müssen und dass gemeldete Beschwerden innerhalb von 24 Stunden bearbeitet werden sollen. Mindestens einmal im Jahr sollen die Anbieter zu einem Bericht verpflichtet werden, in dem sie darlegen, wie viele Löschbegehren eingereicht und wie viele Inhalte nach welchen Kriterien entfernt wurden. Kommen Anbieter dieser Verpflichtung nicht nach, sollen Bußgelder drohen. „Bis zu einer halben Million Euro“ könne das sein, wenn es sich zum Beispiel um strukturelle Verfehlungen handle, sagte Stephan Harbarth, stellvertretender Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion am Mittwoch. „Ebenso muss die zivilrechtliche Verfolgung von Persönlichkeitsverletzungen zu deutlich höheren Schmerzensgeldansprüchen führen“, schreibt die Union in dem Aktionsplan.
Im Umgang mit Fake News soll der Anspruch auf Gegendarstellung nach dem Vorbild des Presserechts geprüft werden. Wenn Fake News identifiziert seien, sollten diese auch als solche gekennzeichnet werden, sagte Nadine Schön, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU. Dass dies möglich ist, hatte die Chef-Lobbyistin von Facebook, Eva-Maria Kirschsieper, letzte Woche bei einer Podiumsdiskussion im Bundestag berichtet. So können Nachrichten, die schon geteilt seien, auch nachträglich gekennzeichnet werden. Kirschsieper hatte außerdem betont, dass Facebook dieses Problem sehr ernst nehme. Anfang Januar hatte Facebook verkündet, künftig mit dem Recherchenetzwerk Correctiv zusammenzuarbeiten, um Fake News ausfindig zu machen.
Aktionsplan „Verantwortung, Freiheit und Recht im Netz“
Der Vorstoß eines derartigen Aktionsplans ist nicht neu. Schon vor zwei Wochen hat die Bundestagsfraktion der Grünen den Aktionsplan „Verantwortung, Freiheit und Recht im Netz“ vorgestellt. „Mit medienwirksamen ‚Task Forces‘, offenen Briefen und immer neuen, folgenlosen Fristen hat Bundesjustizminister Maas bislang nichts Wesentliches zur Beseitigung der skizzierten Probleme beigetragen“, heißt es in dem Eckpunktepapier. Es sei nicht akzeptabel, dass nur in Ausnahmefällen gegen diejenigen ermittelt werde, die Hass und Hetz verbreiteten. Die Grünen fordern in dem Papier ebenfalls gesetzliche Berichtspflichten für Unternehmen und Sanktionen.
Schon 2015 hatte Justizminister Heiko Maas (SPD) mit Facebook verhandelt, um ein beschleunigtes Verfahren zum Löschen von Hasskommentaren in sozialen Netzwerken zu erreichen. Facebook hatte daraufhin erklärt, Hetze innerhalb von 24 Stunden löschen zu lassen, wenn es sich um strafrechtlich relevante Inhalte handelt. Das hatte auch Kirschsieper vergangene Woche betont. Sie sagte, dass ein Beitrag sofort gelöscht würde, sobald ein Gerichtsbeschluss vorläge.
Lage ist besser, aber noch lange nicht gut
Im September 2016 hatte der Minister einen Zwischenbericht vorlegt. Das Justizministerium hatte prüfen lassen, ob Unternehmen wie Facebook, Twitter und Google derartig Beiträge so wie verabredet innerhalb eines Tages löschen lassen. Die Lage sei besser geworden, aber sie sei noch lange nicht gut, bilanzierte Maas da. Vor allem Beschwerden von privaten Anbietern würden nicht ernst genommen, hieß es aus dem Ministerium. So hatte Facebook nur 46 Prozent der Beiträge löschen lassen. In den nächsten Wochen werden neue Ergebnisse erwartet, erklärte das Justizministerium am Mittwoch. „Wenn dann immer noch zu wenige strafbare Inhalte gelöscht werden, müssen wir dringend rechtliche Konsequenzen ziehen“, erklärte Maas. Dann müsse man auch über Bußgelder nachdenken.
Wenn man sich umhört, denkt man gerade, dass wir kurz davor stehen, unsere Demokratie zu verlieren. „Das ist alarmistisch“, sagte Markus Reuter von netzpolitik.org am Mittwoch bei einem Expertengespräch im öffentlichen Ausschuss „Digitale Agenda“. Die empirischen Grundlagen seien dünn, die Wissenschaft stecke da noch in den Kinderschuhen. Ähnlich sah das Simon Hegelich, Professor für Political Data Science. „Nicht alles was möglich ist, ist deshalb gleich ein Risiko“, sagte er.