Hessen und Niedersachsen Hessen und Niedersachsen: Mögliche Folgen der Landtagswahlen
Berlin/dpa. - Welche Bedeutung haben die Wahlen für die Arbeit der großenKoalition in Berlin bis zur Bundestagswahl 2009?
Unabhängig davon, wie die Wahlen ausgehen: Im Grunde hat schon mitdem Parteienwettstreit in Hessen und Niedersachsen der «Vorwahlkampf»für 2009 begonnen. Deutlich wird dies auch in den Aussagen vonKanzlerin Angela Merkel (CDU), die immer stärker das Union und SPDTrennende betont. Beide Seiten rechnen nicht damit, dass dieKoalition wieder zu der vertrauensvollen Zusammenarbeit des Jahres2006 und des ersten Halbjahrs 2007 zurückfindet. Die zu erwartendenGewinne der SPD am Sonntag wird die Konkurrenz der Koalitionäre inBerlin wahrscheinlich noch verstärken. Andererseits können sich beideParteien auch keinen absoluten Stillstand erlauben. Das würden dieWähler kaum verstehen.
Müsste Bundeskanzlerin Merkel im Fall einer CDU-Niederlage inHessen ihren Kurs überprüfen?
Bei einer Niederlage von Ministerpräsident Roland Koch (CDU)könnte Merkel sicher nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Dazuist Hessen zu wichtig. Die Kanzlerin verfolgt, wie sie auf demParteitag von Hannover im Dezember demonstriert hat, einen sanftenKurs der Mitte. Koch hat im Wahlkampf hingegen auf Polarisierunggesetzt. Scheitert Koch, kann Merkel intern behaupten, dass ihrAnsatz wohl richtiger sei - zumal in Niedersachsen MinisterpräsidentChristian Wulff (CDU) mit einer Merkel ähnlichen Strategie vermutlichals Sieger durchs Ziel gehen wird.
Ist SPD-Chef Kurt Beck nach einem Triumph in Hessen nunautomatisch SPD-Kanzlerkandidat?
Sicher würde es dann noch stärker auf Beck hinauslaufen. EinMachtwechsel in Wiesbaden würde den Befund verstärken, dass sich dieSPD unter dem Pfälzer wieder stabilisiert hat, ja sogar siegfähigworden ist. Beck muss es aber auch wollen. Die Kandidatur wäre einRisiko für die SPD. Verlöre Beck gegen Merkel, wäre er als SPD-Vorsitzender beschädigt. Im schlechtesten Fall müsste sich die SPDschon wieder einen neuen Chef suchen, die Krise begänne von vorn.Deshalb ist auch eine Kanzlerkandidatur von Außenminister Frank-Walter Steinmeier möglich.
Sollte es in Wiesbaden nicht für eine schwarz-gelbe Mehrheitreichen, welche Koalition gilt dann als die wahrscheinlichsten?
Dann kommt es vor allem auf die FDP an, falls es auch SPD undGrüne nicht aus eigener Kraft schaffen. Die Liberalen müssen sichentscheiden, ob sie in eine Ampel-Koalition eintreten. Rot-Gelb-Grünwürde allerdings nicht zur Strategie von FDP-Chef Guido Westerwellepassen. Die Alternative wäre ein «Linksbündnis», wenn die Linksparteiin den Landtag kommt. Problem: Die SPD-Spitze in Berlin würde esungern sehen, wenn sich die hessischen Sozialdemokraten mit derLinkspartei zusammentun. Das würde der Union 2009 einenLagerwahlkampf erleichtern. Bliebe noch eine große Koalition inHessen: Bundespolitisch könnten wohl beide Parteispitzen damit leben.Landespolitisch ist das jedoch nur schwer denkbar. Eines ist gewiss:Im Fall, dass es für CDU und FDP oder Rot-Grün nicht reicht, stehtHessen ein wochenlanger Koalitionspoker ins Haus.
Welche Folgen hat das Abschneiden der beiden CDU-Vizes Roland Koch und Christian Wulff für deren künftige Rolle in Berlin?
Wulff war zuletzt in der Bundespolitik ziemlich abgetaucht. Injedem Fall wird sein Gewicht in der Bundespolitik bei einem Siegwieder steigen. Kochs Position, der zuletzt eine Art ersterStellvertreter Merkels war, ist hingegen davon abhängig, ob er es inHessen noch schafft. Gelingt es ihm, könnte er einen internenHeldenstatus erlangen, weil er durch ein politisches «Stahlbad»gegangen ist.
Welche Folgen hätte der erstmalige Einzug der Linken in denLandtag eines westdeutschen Flächenlands?
Es wäre wohl der letzte Nachweis, dass sich in Deutschland einFünf-Parteien-System entwickelt hat - auch im Westen. Zweier-Koalitionen zwischen einer der beiden großen Parteien und einemkleineren Partner werden dadurch immer unwahrscheinlicher.