Hessen Hessen: Sozialministerin tritt zurück

Wiesbaden/dpa. - Sie sehe die Gefahr, dass die «bevorstehende Veränderung meinerprivaten Lebenssituation der glaubwürdigen öffentlichen Darstellungder werteorientierten familienpolitischen Zielsetzungen dieserLandesregierung im Wege stehen könnte», heißt es in ihremRücktrittsschreiben. Die Gründe für den Amtsverzicht lägen«ausschließlich im persönlichen Bereich».
SPD und Grüne in Hessen sprachen von «Heuchelei». Zwar sei Mosiek-Urbahn von Anfang an mit ihrem Posten überfordert gewesen,Privatangelegenheiten seien jedoch kein Rücktrittsgrund.
Nach Annahme des Rücktritts forderte Ministerpräsident Roland Koch(CDU), die «persönliche Entscheidung der Ministerin zu respektieren».Ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin werde «auf jeden Fall in dieserWoche» ernannt. Die frühere hessische CDU-Generalsekretärin OttiGeschka sagte der dpa am Montag, sie stehe für das Amt nicht zurVerfügung. Die «Bild»-Zeitung (Dienstagausgabe) hatte zuvorberichtet, Koch wolle Geschka am Mittwoch als neue Sozialministerinpräsentieren.
Oppositionsführer Gerhard Bökel (SPD) sagte, der Regierungschefselbst habe die Ministerin mit seinem jüngsten Vorstoß zurSozialhilfe brüskiert und trage deshalb die Verantwortung. Kochbestritt dies. Der Ministerpräsident hatte Anfang August nach einerUSA-Reise mit der Forderung nach Leistungskürzungen fürarbeitsunwillige Sozialhilfeempfänger Aufsehen erregt. Koch hatteMosiek-Urbahn von dem Vorstoß nicht vorab informiert.
In der Regierung Koch mit ihren Schwerpunkten bei Bildung, innererSicherheit und Wirtschaftspolitik hatte die meist zurückhaltendauftretende Mosiek-Urbahn seit Beginn der Legislaturperiode 1999 mitKürzungen zu kämpfen. Der Sozialetat sank von 1,475 Milliarden Mark1999 über 1,307 auf 1,215 Milliarden Mark für das laufende Jahr. Auch2002 soll weiter gekürzt werden. Der Sozialetat sei der finanzielleSteinbruch der Landesregierung, sagte Bökel am Montag.
Der SPD-Fraktionschef nannte es «etwas Neues für die RegierungKoch, Wertvorstellungen zur Grundlage politischen Handelns zumachen». An diesem Maßstab gemessen, hätten Koch sowie JustizministerChristean Wagner und Innenminister Volker Bouffier (beide CDU) längstgehen müssen.
Grünen-Fraktionschef Tarek Al-Wazir sah genug sachliche Gründe füreinen Rücktritt Mosiek-Urbahns. Dass aber eine Eheangelegenheit zumAnlass werde, zeige die noch aus dem Kaiserreich stammendenMoralvorstellungen der hessischen CDU. Den Steuerzahler koste das fürdie nächsten zehn Jahre Übergangs- und Ruhegelder in Höhe von 560 000Mark.
Nach Informationen aus der Umgebung von Mosiek-Urbahn ist dieEntscheidung zur Trennung von ihrem Mann erst in den vergangenenTagen gefallen. Die Situation habe sie seit Wochen sehr belastet,nachdem sie einen neuen Partner gefunden hatte, hieß es.