Heiko Maas im Porträt Heiko Maas als Außenminister: Vom "Heikochen" zum Chefdiplomaten

Berlin - Heiko Maas hält die Hände ineinander verschränkt. Er streicht mit dem Daumen der einen Hand über den anderen, während die SPD-Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles den Saarländer als künftigen Außenminister vorstellt. Maas wippt auch ganz leicht mit den Knien. Ein bisschen hibbelig ist er ja ohnehin. Und in diesem Moment ist es einfach unmöglich, komplett stillzuhalten. Aus Nervosität. Aber, wie den Mundwinkeln im Gesicht des 51-Jährigen anzusehen ist, auch aus Freude.
Maas ist ganz oben angekommen. Das Amt des Bundesaußenministers bietet die Chance abzuheben – nicht nur mit dem Regierungsflieger, sondern auch, was die persönlichen Umfragewerte angeht. Der Job bringt damit aber auch Fallhöhe mit sich. Maas‘ Vorgänger sind Staatsmänner wie Willy Brandt, der als Minister die ersten Grundsteine für seine Ostpolitik als Kanzler legte. Oder auch Hans-Dietrich Genscher, einer der wichtigsten Manager der deutschen Einheit. Und natürlich Frank-Walter Steinmeier, der heute Bundespräsident ist.
Maas muss sich messen lassen
Messen lassen muss Maas seine künftige Arbeit auch an der von Sigmar Gabriel, also an der eines politischen Schwergewichts, das von der neuen SPD-Führung aus Andrea Nahles und Olaf Scholz nun ins Abseits geschoben worden ist. Gabriel hat in wenig mehr als einem Jahr gezeigt, wie viel Statur sich im Amt des Bundesaußenministers gewinnen lässt. Nach Steinmeier, dem König der diplomatischen Schachtelsätze, hat Gabriel mit klaren Ansagen Standards gesetzt. Auf Steinmeier, der lange Zeit als der perfekte Außenminister galt, folgte mit Gabriel einer, den plötzlich viele noch besser fanden. Jetzt muss Maas seinen eigenen Stil finden. Viele trauen ihm das zu.
Die Geschichte des Heiko Maas ist eine fast unglaubliche. Denn als er vor vier Jahren überraschend als Justizminister in die große Koalition nach Berlin kam, galt er als Verlierer. Gleich drei Mal ist Maas im traditionell linken Saarland daran gescheitert, Ministerpräsident zu werden. Drei Mal landete er mit der SPD hinter der CDU.
Lafontaine verspottete Maas als „Heikochen“
Das hat viel mit Oskar Lafontaine zu tun, der Maas einst förderte. Denn Lafontaine verließ bekanntlich im Streit mit Bundeskanzler Gerhard Schröder die SPD und machte später die Linke insbesondere im Saarland stark. Und Lafontaine verspottete, so ist es jedenfalls überliefert, Maas zu allem Überfluss auch noch als „Heikochen“. Im Saarland entstand auf diese Weise eine politische Konstellation, in der es jeder Sozialdemokrat im Saarland schwer gehabt hätte zu gewinnen. Aber es war nun einmal Maas, der das Abonnement auf die Verlierer-Rolle innehatte.
Und: Auftritte als Spitzenkandidat im Bierzelt liegen Maas von seinem Naturell her ohnehin nicht unbedingt. Er ist ein angenehmer, offener und feinsinniger Gesprächspartner – im kleineren Kreis. In seiner Verlierer-Zeit im Saarland soll sich der Jurist selbst mit dem Gedanken geplagt haben, ob es besser wäre aufzugeben. Der Politik als Schauplatz der eigenen Niederlagen den Rücken kehren.
„Er wird das exzellent machen“
Die Berufung in das Amt des Justizministers im Jahr 2013 war für Maas eine Erlösung, eine Befreiung. Er erhielt diese Chance durch den damaligen SPD-Chef Sigmar Gabriel, also durch den Mann, den er jetzt im Außenamt ablöst. Und der ihm jetzt für das Außenministeramt mit den auf den Weg gibt: „Er wird das exzellent machen.“
Aus seinem Job im Justizministerium hat Maas jedenfalls etwas gemacht. Er war öffentlich stets stark präsent, aber auch im Ministerium wurde fleißig gewerkelt. Denn dort wurde in Maas‘ Amtszeit an vielen Gesetzen gearbeitet: von der Mietpreisbremse über neue Regeln beim Verbraucherschutz bis hinzu Anti-Terror-Gesetzen. Schlecht sah Maas hingegen aus, als Gabriel ihm und der Partei einen Schwenk beim Thema Vorratsdatenspeicherung aufzwang. Auch das Netzwerkdurchsetzungsgesetz, dass Hass im Internet eindämmen soll, ist hochgradig umstritten.
Hassfigur für Rechtsextreme
Maas ist in den vergangenen vier Jahren als Politiker zu einer Marke geworden – was für ihn aber auch seinen Preis hatte. Denn Maas ist der Minister gewesen, der immer wieder harte Worte gegen Fremdenfeinde fand. Und auch der SPD-Politiker, der die AfD früher und härter als andere in seiner Partei attackierte. Das hat ihm viel Respekt eingebracht. Er wurde aber auch zu einer Hassfigur für Rechtsextreme – und muss jetzt mit Beschimpfungen und Bedrohungen gegen die eigene Person leben.
Doch was macht Maas zu einem potenziell guten Außenminister? Es ist nicht so, dass er umfangreiche Erfahrungen auf diesem Gebiet hätte – das ging aber auch anderen Neu-Ministern vor ihm so. Süffisant wird gelegentlich darauf verwiesen, dass seine Lebensgefährtin, die Schauspielerin Natalia Wörner, seit ein paar Jahren die Hauptfigur in der Fernsehserie „Die Diplomatin“ ist. Nun ja.
Ausdauer gefordert
Am Ende ist es jetzt einfach an Maas zu zeigen, was er kann. Er muss im Amt rasch ein Profil entwickeln und sich sein eigenes Spielfeld neben dem Kanzleramt und dem in der Europapolitik starken Finanzministerium erkämpfen.
SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles verweist darauf, dass der Saarländer Triathlet sei. „Ausdauer ist sicherlich erforderlich“, sagt sie. „Die großen Konflikte lassen sich nicht immer schnell lösen.“