Hartz IV Hartz IV: Sanktionen gegen U25-Empfänger bleiben hart

Berlin - Erst die Renten-Garantie bis 2040, nun Erleichterungen für jüngere Hartz-IV-Empfänger: Die Grünen kritisieren, dass das SPD-geführte Bundesarbeits- und Sozialministerium erneut einen sozialpolitischen Vorstoß der sozialdemokratischen Führung kassiert.
„Die Bundesregierung plant derzeit kein Gesetzesvorhaben zur Angleichung der Sanktionenregelungen“ für unter-25-jährige Hartz-IV-Empfänger, teilt das Ministerium in einer Antwort auf eine Grünen-Anfrage mit, die dieser Zeitung vorab vorliegt. Die SPD-Vorsitzende und Fraktionschefin im Bundestag, Andrea Nahles, hatte im Sommer in mehreren Interviews angekündigt, die verschärften Sanktionsmöglichkeiten für jüngere Hartz-IV-Empfänger abschaffen zu wollen. „Wir müssen grundlegende Fragen stellen“, hatte Nahles etwa den Funke-Medien gesagt. „Wie wirken denn Sanktionen bei Jüngeren? Kontraproduktiv!“ Die jungen Erwachsenen würden sich nach einer solchen Strafe – etwa für mangelnde Kooperationsbereitschaft, für das Ausschlagen eines zumutbaren Job-Angebots oder wegen Verstoß gegen ihre Meldepflichten – „nie wieder im Jobcenter melden, um einen Ausbildungsplatz zu suchen“, so die frühere Arbeits- und Sozialministerin.
Auch Grüne und Linke kritisiert Sanktionssystem
Tatsächlich kritisieren auch die Grünen und Linken das Sanktionssystem bei Hartz IV, die CDU/CSU-Fraktion hatte den Vorstoß von Nahles aber schnell zurückgewiesen.
Derzeit sieht das Zweite Sozialgesetzbuch verschärfte Sanktionsregeln für Unter-25-Jährige im Hartz IV vor. „Sie werden nicht nur öfter, sondern auch massiver sanktioniert“, sagte der sozialpolitische Sprecher der Grünen, Sven Lehmann, dieser Zeitung. Laut aktuellen Zahlen traf jede zweite „Totalsanktion“ – also die Bestrafung durch zeitweise Streichung aller ALG-II-Leistungen – im Jahr 2017 einen oder eine Unter-25-Jährigen. „Die Sanktionspraxis bei Hartz IV ist völlig aus dem Ruder gelaufen und treibt junge Menschen in die Verweigerung“, so Lehmann. „Statt mit der Kürzung des Existenzminimums zu drohen, bräuchten sie Arbeitsangebote, Bestärkung und individuelle Förderung.“
Dass SPD-Chefin Nahles die Abschaffung der U25-Regelung erst ankündigt, dann aber nicht verfolgt, wirkt auf den Grünen so, „als gehe es der SPD nur um Eigenprofilierung“, sagt Lehmann. „Gegen die verschärften Sanktionen für junge Hartz IV Empfänger zu sein reicht nicht, es müssen endlich Taten folgen.“
Tatsächlich hat auch das von Hubertus Heil (SPD) geführte Ressort das Thema noch nicht ganz aufgegeben. Auch wenn man damit derzeit – wie zuvor bei der Renten-Garantie – an der Union scheitere, sei „die Überprüfung einzelner Sanktionstatbestände“ weiterhin Thema im Sozialministerium, etwa beim „in dieser Legislaturperiode geplanten Dialogprozess zur Zukunft der Arbeit und des Sozialstaats“, heißt es in der Antwort. „Die Ergebnisse bleiben abzuwarten.“