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Hartz-IV-Gesetz Hartz-IV-Gesetz: Streit um arbeitsunfähige Sozialhilfeempfänger geht weiter

26.02.2005, 17:39

Berlin/dpa. - Die Arbeitsmarktreform Hartz IV läuft noch nichtrund. Knapp zwei Monate nach dem Start häufen sich die Klagen überDefizite in der Umsetzung der Reform, die Arbeitslosen- undSozialhilfe zusammengelegt hatte. So wird weiter darüber gestritten,ob die Kommunen zu Unrecht arbeitsunfähige Sozialhilfeempfänger alserwerbsfähig eingestuft haben, um Kosten auf den Bund abzuwälzen.SPD-Vertreter beklagen zudem, dass nicht genug für die Bekämpfung derArbeitslosigkeit getan werde. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) willmit verstärktem Wettbewerb für eine bessere Vermittlung vonArbeitslosen sorgen.

Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) hatte kritisiert,die Städte hätten auch Koma-Patienten, Aids-Kranke und Greise in dieZuständigkeit der Bundesagentur für Arbeit (BA) abgeschoben. Diestellvertretende DGB-Chefin Ursula Engelen-Kefer rief Kommunen undWirtschaftsminister zu einer raschen Einigung in dieser Frage auf.«Schuldzuweisungen halten nur davon ab, das zu tun, was wirklichwichtig ist: den Langzeitarbeitslosen den Weg in den Arbeitsmarkt zuerleichtern», sagte sie der «Welt am Sonntag».

Hermann Rappe, Mitglied im Ombudsrat für Hartz IV, stellte sichgegen Clement: «Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Kommunengezielt Kosten auf den Bund abwälzen wollten», sagte der frühereVorsitzende der Industriegewerkschaft Chemie Papier Keramik demBremer «Kurier am Sonntag». Auch Hessens Sozialministerin SilkeLautenschläger (CDU) nahm die Kommunen in Schutz: «Clement sucht nureinen Sündenbock für seine schlecht vorbereitete Hartz-IV-Reform»,sagte sie der dpa. «Die Kommunen haben ihm immer gesagt, dass dieZahl der Arbeitslosengeld-II-Empfänger deutlich über seinen Prognosenliegen würde.»

Der nordrhein-westfälische Arbeitsminister Harald Schartau (SPD)verlangte indes mehr Einsatz für die Vermittlung ältererArbeitsloser: «Für sie sind die Hürden auf dem Arbeitsmarkt derzeitfast unüberwindbar», sagte Schartau in einem dpa-Gespräch. Bei diesemProblem sei in den vergangenen Monaten viel zu wenig passiert. «Alsdie Hartz-Reformen kamen, ist dieses Thema mehr oder wenigereingeschlafen.»

Die SPD-Linke verlangt Sondermaßnahmen zur Bekämpfung derJugendarbeitslosigkeit. SPD-Präsidiumsmitglied Andrea Nahles undJuso-Chef Björn Böhning forderten von der Bundesregierung, sie sollezwei Milliarden Euro für ein Sofortprogramm bereitstellen. «Damitkönnten wir den Durchbruch schaffen», sagte Nahles der «BerlinerZeitung» (Samstag). «Wir könnten binnen eines Jahres einer großenZahl von Jugendlichen helfen, die im jetzigen System keine Chancehaben.»

Um die Effizienz der neu entstandenen Betreuungszentren fürLangzeitarbeitslose zu steigern, strebt die Bundesagentur für Arbeit(BA) einen stärkeren Wettbewerb zwischen den Arbeitsgemeinschaften(ARGEN) an. In regelmäßigen Abständen sollen die Leistungenvergleichbarer Arbeitsgemeinschaften einander gegenüber gestelltwerden, sagte BA-Vorstandsmitglied Heinrich Alt der dpa. Die mitBeschäftigten der BA und der kommunalen Sozialämter besetzten rund350 ARGEN sind seit Jahresanfang für die Betreuung der ALG-II-Empfänger zuständig.

Bei der Abrechnung von Personal- und Verwaltungskosten in denARGEN gibt es nach Informationen des «Focus» neuen Streit. So habeder Landrat des Rhein-Erft-Kreises, Werner Stump, in einem Brief anWirtschaftsminister Clement überhöhte Abrechnungen moniert. Die BAveranschlage ganz andere Personal- und Sachaufwendungen, als nachseiner Rechnung überhaupt nötig wären. Der Landrat komme auf eineDifferenz von knapp vier Millionen Euro, «weil Kosten für Leistungenberücksichtigt werden, die die Bundesagentur tatsächlich nichterbringt».