Hans Eichel Hans Eichel: Vom «Hans im Glück» zum «Sparhans»
Kassel/dpa. - Grundsätzlich etwas anderes machen würde HansEichel (SPD) im Rückblick nicht. «Fehler wurden gemacht, aber die großen Entscheidungen waren alle korrekt», sagt der Ex-Oberbürgermeister von Kassel, Ex-Ministerpräsident von Hessen und Ex-Bundesminister der Finanzen heute. Vor 40 Jahren startete er alsHoffnungsträger der SPD, jetzt (24. Dezember) feiert der einstigeSpitzenpolitiker als einfacher Bundestagsabgeordneter seinen 65.Geburtstag.
Gerade 28 Jahre war Eichel alt, als der stellvertretendeBundeschef der Jungsozialisten SPD-Fraktionschef im Kasseler Rathauswurde. Gut fünf Jahre später wurde er mit 33 Jahren jüngsterhauptamtlicher Bürgermeister der Republik. 1981 bildete er zum erstenMal in einer deutschen Großstadt das, was sein Leben prägte: Einerot-grüne Koalition. 16 Jahre blieb Eichel an der Spitze Kassels.«Das war eine tolle Zeit. Man konnte viel bewegen und trotz derArbeit hat es Spaß gemacht», erinnert er sich. Die Ansiedlung derHochschule und die Bundesgartenschau nennt er in der Erinnerung alsgrößte Erfolge.
Eichels Popularität in Nordhessen half dem Studienrat, 1991 denCDU-Ministerpräsidenten Walter Wallmann aus dem Amt zu drängen. Dochdie Mehrheit, wieder rot-grün, war hauchdünn und wurde von mehrerenAffären, auch um Eichels Dienstvilla, erschüttert. 1995 fiel die SPDhinter die CDU zurück, nur ein Plus bei den Grünen rettete dieKoalition. 1999 dann die schwerste politische Niederlage des damals57-Jährigen: Eichel war abgewählt, der CDU-Politiker Roland Kochbildete mit der FDP die neue Regierung.
Doch der Hesse war nur fünf Tage arbeitslos. Der Wahlverliererwurde an Stelle von Oskar Lafontaine Bundesfinanzminister. In sechsJahren Amtszeit wechselten die Spitznamen von «Hans im Glück» zu«Sparhans» oder «blanker Hans». Der frühere Hoffnungsträger wurde als«Aktenfresser» und Sparminister bekannt. Ein Image, das demNordhessen nicht unangenehm ist: «Sparen ist nichts Schlechtes. Wennman es richtig macht.»
Genau diesen Sparkurs wollte der Minister lockern, als dieInternetblase platzte und die Wirtschaft krankte. Doch dieEuropäische Union pochte auf die Stabilitätskiterien des Euro. «Dasärgert mich immer noch», sagt Eichel mit kaum erhobener Stimme, «michärgert, dass die das schöne deutsche Sprichwort "Spare in der Zeit,dann hast Du in der Not" offenbar gedeutet haben als "Spare in derNot, dann hast Du Zeit dafür".»
Dennoch wird der «Ehrenschwabe», so ausgezeichnet von der StadtStadt Bietigheim-Bissingen, vor allem mit Haushaltslöchern inVerbindung gebracht. «Dabei vergessen die Leute oft, dass esKrisenzeiten waren», klagt Eichel. «Wir hatten weder diefinanzpolitischen Freiheiten eines Karl Schiller (SPD) oder FranzJosef Strauß (CSU), noch die steigenden Steuereinnahmen meinesNachfolgers.» Der jetzige Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) habeihm eines voraus: «Es war richtig, kein Datum zu nennen, bis wann derHaushalt ausgeglichen sein soll. Vielleicht hätte ich das nichtmachen sollen, aber nur so haben die Leute überhaupt hingehört.»
Sein größter Erfolg, erinnert sich Eichel, sei die Verabschiedungder Steuerreform im Bundesrat im Juli 2000 gewesen. «Wir sind gleichdanach in den Urlaub gefahren und wurden dauernd von anderen Autosangehupt.» Das sei freundlich gemeint gewesen. Fünf Jahre späterschied der ungeliebte «Sparhans» mit Bundeskanzler Gerhard Schröderaus dem Kabinett, die große Koalition begleitet Eichel als einfacherAbgeordneter. Eigentlich ist 65 Jahre das Rentenalter. Doch der Vatervon zwei Kindern aus erster Ehe, seit zwei Jahren geschieden und seiteineinhalb wieder verheiratet, mag nicht aufhören: «Im Bundestag warich auch für die Rente mit 67.»