1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Politik
  6. >
  7. Guttenberg-Hubschrauber wurde beschossen

Guttenberg-Hubschrauber wurde beschossen

15.11.2009, 16:01

Berlin/Kabul/dpa. - Guttenberg-Hubschrauber in Afghanistan unter Beschuss: Mitten in der Debatte über die künftige Truppenstärke der Bundeswehr in dem Land hat Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) die Gefahren am Hindukusch unmittelbar erlebt.

Die insgesamt drei beschossenen Helikopter konnten den Flug zurück vom Besuch des Ministers bei der Bundeswehr am Freitag aber fortsetzen, über Schäden wurde nichts bekannt. In der Union wird unterdessen nicht ausgeschlossen, dass die auf 4500 beschränkte Zahl der Soldaten in Afghanistan mittelfristig angehoben wird.

Kreise des Verteidigungsministeriums bestätigten der Deutschen Presse-Agentur dpa am Sonntag Zeitungsberichte über den Beschuss der Hubschrauber durch Aufständische beim nordafghanischen Kundus. Die «Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung» und «Bild am Sonntag» berichteten, der Zwischenfall sei dem Minister noch während des Fluges mitgeteilt worden. Im Hubschrauber, in dem der Minister flog, saß auch Bundeswehr-Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan.

Bei neuen Bombenanschlägen kamen in Afghanistan zwei US-Soldaten und ein für die US-Armee tätiger Zivilist ums Leben, wie die Internationale Schutztruppe ISAF am Wochenende mitteilte.

Bundespräsident Horst Köhler rief dazu auf, den Deutschen in Afghanistan mehr Rückhalt in der Heimat zu geben. «Sie stehen in einem schwierigen und gefährlichen Einsatz», sagte das Staatsoberhaupt in seiner Rede zum Volkstrauertag im Bundestag.

Guttenberg hatte am Freitag in Kundus das deutsche Feldlager besucht und dort angekündigt, Deutschland wolle Mitte Januar eine zusätzliche Einsatzkompanie mit 120 Soldaten dorthin entsenden. Die Truppen sollen die dort bereits stationierten 450 Eingreifkräfte verstärken - also jene Soldaten, die sich im Ernstfall Gefechte mit den Taliban liefern.

Unter den 120 zusätzlichen Soldaten sollen nach Angaben des Verteidigungsministeriums vor allem Fallschirmjäger aus dem saarländischen Lebach und Panzergrenadiere aus dem niedersächsischen Munster sein. Laut Bundeswehr wird die bestehende Mandatsobergrenze weiterhin eingehalten. Eine Überschreitung sei aber beim Kontingentwechsel kurzfristig möglich.

Der Grünen-Sicherheitsexperte Omid Nouripour warnte Guttenberg in der «Frankfurter Rundschau» (Samstag) davor, mit der Entsendung der zusätzlichen Kompanie eine Aufstockung der Obergrenze von 4500 Mann vorwegzunehmen.

Dagegen sagte der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Ernst-Reinhard Beck (CDU), dem «Kölner Stadt-Anzeiger» (Samstag): «Es wird zu prüfen sein, ob unsere Obergrenze ausreicht.» Ob am Ende 6000, 8000 oder 10 000 deutsche Soldaten in Afghanistan notwendig seien, sei abhängig vom «militärischen Sachverstand».

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) übernahm die Formulierung des neuen Verteidigungsministers, der von «kriegsähnlichen Zuständen» in Teilen Afghanistans spricht. Sie warb für eine neue Afghanistan-Konferenz Anfang 2010. Dort müsse eine Perspektive festgelegt werden, bis wann die afghanische Regierung selbst für die Sicherheit sorgen könne. Die Entwicklungspolitik soll nach dem Willen der dafür zuständigen EU-Minister in Afghanistan stärker zur Förderung der Demokratie eingesetzt werden. Darüber wollen die Ressortchefs an diesem Dienstag in Brüssel beraten. Die EU bemüht sich in Afghanistan seit Jahren um den Aufbau rechtsstaatlicher Strukturen.

Auf dem SPD-Bundesparteitag in Dresden sorgte der Bundeswehr- Einsatz in Afghanistan für Kontroversen. Eine Mehrheit votierte dagegen, sich auf ein konkretes Datum für einen Abzug festzulegen. Auch weitere Anträge aus der SPD-Basis, die eine schärfere Korrektur des bisherigen Kurses verlangten, wurden abgewiesen. Im Beschluss des SPD-Parteitags heißt es: «Beim Einsatz in Afghanistan bleiben wir dabei, dass in dieser Legislaturperiode die Grundlage für den Abzug der Bundeswehr geschaffen werden muss.»