Gunnar Winkler Gunnar Winkler: «Ein fragwürdiger Schritt»
HALLE/MZ. - Der Präsident der Volkssolidarität, Gunnar Winkler (Foto), sieht die Überprüfungen der Einkommen von Rentnern kritisch. Mit ihm sprach unsere Redakteurin Bärbel Böttcher.
Herr Professor Winkler, wie bewerten Sie die Ankündigung, dass ab Oktober alle Einnahmen der Rentner seit 2005 überprüft werden?
Winkler: Ich bin mir nicht sicher, ob das Teil des Wahlkampfes ist. Möglicherweise kommt die Ankündigung jetzt, damit hinterher keiner sagen kann: Die Wahlen sind vorbei, nun bitten wir euch zur Kasse. Wie auch immer - das ist ein Schritt, der recht fragwürdig erscheint. Schauen Sie, die Rentner haben ihr Erwerbseinkommen versteuert. Die heutigen Renten werden von den Erwerbstätigen bezahlt, die ihr Einkommen auch besteuern. Nun kommt die dritte Besteuerung. Das ist eigentlich nicht gerechtfertigt.
Wie stark werden Ost-Rentner von Nachzahlungen betroffen sein?
Winkler: Sicher nicht so stark wie die West-Rentner. Es gibt ja hier kaum Betriebsrenten, Pensionen oder Zusatzversorgungen anderer Art.
Halten Sie es für möglich, dass Rentner, die für vier Jahre Steuern nachzahlen müssen, dadurch in Existenznot geraten?
Winkler: Natürlich kann das passieren. Eine Bagatellgrenze wurde ja abgelehnt. Das Finanzministerium hat versprochen, mit Augenmaß vorzugehen. Da ist nur zu hoffen, dass das Augenmaß das gleiche ist wie bei Steuerhinterziehungen, die in großem Stil betrieben werden. Wenn das der Fall ist, hat kein Rentner irgendetwas zu befürchten.
Was würden Sie den Rentnern jetzt raten?
Winkler: Ich würde ihnen raten, sich entweder an ihr zuständiges Finanzamt zu wenden, oder aber sich bei Sozialverbänden Rat zu holen. Wir können zwar keine Steuerberatung machen und dürfen das auch nicht, aber Rentner können von uns erfahren, wer sie fachkundig beraten kann.
Rentner sollten also von sich aus aktiv werden?
Winkler: Zumindest bei denen, die über den genannten Einkommensgrenzen liegen kann das nichts schaden. Bei Alleinstehenden sind beispielsweise 19 000 Euro pro Jahr steuerfrei, bei Verheirateten 38 000 Euro - wenn sie 2005 in Rente gegangen sind oder schon Rentner waren. FOTO: ARCHIV