Großbritannien Großbritannien: Gedenken zum Jahrestag der Londoner Anschläge
London/dpa. - Der bislang folgenschwerstejährt sich an diesem Samstag zum zweiten Mal. Am 7. Juli 2005 hattenvier «Rucksackbomber» in Londoner U-Bahnzügen und einem Bus 52Menschen mit sich in den Tod gerissen.
Anders als zum ersten Jahrestag dieser Gräueltaten, die Briten aufdie Kurzformel «7/7» gebracht haben, wird es «kein großesöffentliches Ereignis» geben, teilte die Regierung mit. Diestaatliche Geste des Gedenkens beschränkt sich auf die Niederlegungvon Kränzen an der U-Bahnstation Kings Cross, wo es damals diemeisten Opfer gab.
«Die Angehörigen der Opfer und die Überlebenden haben entschieden,den zweiten Jahrestag der Gräueltaten privat zu begehen, um alleinoder miteinander über die Konsequenzen dieses Tages nachsinnen zukönnen», teilte das Kulturministerium mit.
Die britische Art, mit Tragödien fertig zu werden, war schon immereine bewundernswerte Mischung aus Trauer, Stolz und Selbstdisziplin.Immer noch wird weithin das ungeschriebene Gesetz der «stiff upperlip», der «steifen Oberlippe» beachtet. «Es verbietet, sich eineSchwäche, ein Verletztsein oder im positiven Fall eine übergroßeFreude anmerken zu lassen», schrieb der deutsche England-Kenner Hans-Dieter Gelfert.
Diese verinnerlichte Haltung hat immer wieder geholfen, mit denSchrecken des Terrorismus umzugehen. Kaum ein Monat war nach denGedenkfeiern zum ersten Jahrestag der 7/7-Anschläge vergangen, dalegte im August 2006 ein Terroralarm die Flughäfen des Königreichslahm und zehntausende Passagier saßen tagelang fest.
Die Polizei teilte mit, sie habe eine Verschwörung aufgedeckt, beider Terroristen zehn Jumbo-Jets während des Fluges in die USA überdem Atlantik mit an Bord geschmuggeltem Flüssigsprengstoffexplodieren lassen wollten. Seitdem haben sich Flugpassagiere inaller Welt daran gewöhnt, dass ihnen Flüssigkeiten im Handgepäckabgenommen werden und dass sie ihre Alkoholeinkäufe im Duty Free inversiegelten durchsichtigen Tüten ausgehändigt bekommen.
Nicht ganz so viel Aufmerksamkeit wie 2006 die «Flüssigbomber»erreichten in diesem Sommer die «Autobomber». Eine Woche vor demzweiten 7/7-Jahrestag wurden in London zwei Autobomben entdeckt, undin Glasgow versuchten Terroristen, mit einem zur Bombeumfunktionierten Jeep in die Halle des Flughafens zu rasen.
Zwischen diesen versuchten Anschlägen und jenen vom 7. Juli lagenmehr als zehn andere, die allesamt entweder fehlschlugen oder von derPolizei und den Geheimdiensten MI5 und MI6 schon im Vorfeldverhindert wurden. Dutzende mutmaßliche Terrorverdächtige sitzen inbritischen Gefängnissen und warten auf ihre Prozesse.
Derzeit berät eine Jury über das Strafmaß für sechs britischeMuslimextremisten, die am 21. Juli 2005 - zwei Wochen nach dem Grauendes 7. Juli - die U-Bahnanmordanschläge zu kopieren versucht hatten.Mehr als 1 600 potenzielle Terror-Verschwörer werden vom MI5observiert - sechs Mal mehr als vor den Terroranschlägen auf dasWorld Trade Center in New York am 11. September 2001.
Was die Briten an den jüngsten Anschlagversuchen in London undGlasgow am meisten zu ärgern schien, war die Tatsache, dass alle achtfestgenommenen Terrorverdächtigen im staatlichen Gesundheitswesen NHStätig waren. Entgegen allen Anstrengungen von Terroristen, den«British way of life» zu stören, konstatierte der «Economist»,«werden diese jährlichen Terrorverschwörungen eher zu einem Teildavon».
Ganz so ist es wohl nicht. Als am Donnerstag - 48 Stunden vor dem7/7-Jahrestag - in London ein U-Bahnzug entgleiste, herrschte Panik.Zeugen des Unfalls schilderten Angstzustände, «als nach einem Knalldas Knirschen von Metall zu hören war, der Wagen stoppte und dasLicht ausging». Die Abendzeitung «Evening Standard», die viele in derU-Bahn lesen, wählte das Zitat eines Betroffenen als Schlagzeile:«Wir dachten, es geht wieder los mit 7/7».
