Globalisierungsgegner Globalisierungsgegner: Attac-Revolutionäre werden ruhiger

Mannheim/dpa. - Die Revolutionäre sind erwachsen geworden. Mitihrer Protestaktion beim G8-Gipfel der führenden Industrienationen inGenua im Jahr 2001 katapultierten sich die GlobalisierungsgegnerAttac vehement in die Öffentlichkeit. Aus einem lockeren Bündnis mitein paar Hundert Sympathisanten wuchs in wenigen Monaten eineOrganisation mit etwa 16 000 Mitgliedern in Deutschland heran.Inzwischen hat Attac jedoch der Alltag eingeholt. «Der ganz starkeReiz des Neuen ist vorbei», berichtet Pedram Shahyar von derbundesweiten Koordinationszentrale. «Es gibt einen Verlust anDynamik.» An diesem Wochenende feiert Attac in Deutschland mit einembundesweiten Treffen in Mannheim seinen fünften Geburtstag.
Der Grundstein der Organisation wurde 1998 in Frankreich gelegt.Unter dem Dach der «Vereinigung zur Besteuerung vonFinanztransaktionen zum Wohl der Bürger», wie die deutscheÜbersetzung von Attac lautet, versammelten sich Friedensaktivisten,Umweltschützer und Kirchenleute. Als Ziel wurde ausgegeben, diesoziale Benachteiligung in der Welt zu verhindern. Als übergeordneteParole galt dabei, die unbegrenzte Öffnung aller Märkte nichtzuzulassen. Die Weltbank, die Welthandelsorganisation WTO und derInternationale Währungsfonds IWF wurden als Hauptgegner benannt.
Inzwischen hat sich Attac inhaltlich breiter aufgestellt. DieReformvorhaben der Bundesregierung mit der Agenda 2010 werden genausokritisiert wie die EU-Verfassung. Mit der Öffnung für eine größereThemenvielfalt hat sich aber auch das Profil derGlobalisierungsgegner verwässert. «Wir müssen noch klarer Themenbesetzen und dabei kampagnenfähig werden, wollen aber nicht in einideologisches Raster verfallen», erklärt Shahyar. Attac sehe sichzwar in der Tradition von Greenpeace und der frühen Grünen. Ihren Wegder politischen und gesellschaftlichen Anpassung wolle Attac aber aufkeinen Fall gehen.
Dieser Zwiespalt könnte nach Einschätzung des HeidelbergerPolitikwissenschaftlers Manfred G. Schmidt dazu führen, dass dieOrganisation über längere Zeit ihre Wirkungskraft verliert. Gruppenwie Attac hätten eine sehr geringe Organisationskraft und würde vorallem durch spektakuläre Einzelereignisse Aufmerksamkeit bekommen,erklärte der Politikexperte. Attac mangele es außerdem an einerparteipolitischen Andockung. «Damit fehlt der lange Atem.» Ein Risikosei zudem, dass sich unter ihrem Dach «ein buntes Treiben ausEhrlichen und Unehrlichen» zusammenfinde. «Ehrenwerte Absichten»könnten in den Hintergrund rücken, wenn Gewalt und Spektakel bei denAktionen für die Öffentlichkeit in den Vordergrund rückten.
Genau diese spektakulären Aktionen will Attac aber weiter alsMarkenzeichen beibehalten. «Gewisse Grenzüberschreitungen müssensein», betonte Shahyar. Nicht für das Jubiläumstreffen in Mannheim,aber für den G8-Gipfel im Jahr 2007 in Heiligendamm bei Rostockkündigte 31-Jährige ein öffentlichkeitswirksames Spektakel an: «Esist eine Verpflichtung, dass wir den Gipfel mit massiven Protestenbegleiten.»