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Gesundheitswesen Gesundheitswesen: Ärzte auf dem Land finden keine Nachfolger

01.10.2003, 08:47

Kiel/dpa. - Wenn sich der TV-Arzt Walter Plathe mitten in der Nacht begeistert auf den Weg zu einem kranken Patienten macht, ist die Fernseh-Welt noch in Ordnung. Doch die Wirklichkeit sieht anders aus: Der deutsche Landarzt droht auszusterben. Die jungen Mediziner meiden das flache Land. «Sie gehen lieber in die großen Städte», sagt der Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein (KV), Robert Quentin. Besonders in den neuen Bundesländern ist es nach einer Studie der Kassenärztlichen Bundesvereinigung «bereits fünf nach zwölf». Dort wird in den nächsten Jahren knapp ein Drittel aller Hausärzte in den Ruhestand gehen.

Für sie sei bislang kaum Nachwuchs in Sicht, sagt Lars Friebel von der Bundesärztekammer in Berlin (BÄK). Dabei hat der drohende Ärztemangel nach seinen Angaben an Dynamik zugenommen.

So wachsen die «weißen Flecken» auf der Landkarte der medizinischen Versorgung auch in Schleswig-Holstein. Im nördlichsten Bundesland droht der Bevölkerung in vielen Landkreisen die medizinische Unterversorgung. Sogar in der beliebten Urlaubsregion Dithmarschen an der Nordsee finden pensionsreife Landärzte schon seit längerem keine Nachfolger mehr.

Selbst das Argument, sich mit 1000 oder mehr Patienten pro Quartal eine «goldene Nase» verdienen zu können, lockt niemanden hinter die Deiche. Diese Erfahrung hat jedenfalls Landarzt Jürgen Heitmann aus Wrohm gemacht. Seit mehr als zwei Jahren sucht der Mediziner einen Nachfolger für seine Praxis - obwohl die 750-Einwohner-Gemeinde ihrem neuen Arzt sogar «günstiges Bauland» verspricht.

Manche jungen Mediziner fürchten wohl, sie würden auf dem platten Land «versauern», vermutet der Büsumer Arzt Arno Lindemann. Und sie scheuen auch die harten Belastungen eines Landarztes. Denn neben dem täglichen Arbeitspensum in der Praxis stehen noch Hausbesuche bei Patienten auf dem Plan. Dazu kommen noch rund 20 Wochenend- und knapp 40 Nachtdienste. «Nicht zumutbar», meint Lindemann.

Im idyllischen Nordseebad Büsum fällt der Ärztemangel besonders ins Auge. Dort muss sich Lindemann mit seinen fünf Kollegen nicht nur um die medizinische Versorgung der 6900 Einwohner kümmern. Das Sextett ist auch zuständig für die Bewohner des Umlandes - und für die «Wehwehchen» der jährlich mehr als 150 000 Touristen.

Besonders in der Urlaubszeit bedeutet das für die Patienten in Büsum zum Teil stundenlange Wartezeiten in den überfüllten Praxen. Und für die praktizierenden Mediziner eine erhöhte Arbeits-Belastung, sagt Lindemann. So entscheiden sich immer mehr Medizinstudenten gegen den Beruf am Patienten. «Sie suchen sich attraktivere Alternativen, die ein höheres Einkommen und bessere Arbeitsbedingungen versprechen», warnt Bundesärztekammer-Präsident Jörg-Dietrich Hoppe.

Setzt sich der Trend bei den Landärzten fort, ist die medizinische Versorgung nach Ansicht der Bundesärztekammer in einigen Gebieten Deutschlands ernstlich gefährdet: Dort müssten Patienten selbst bei leichteren Erkrankungen zur kostenintensiven Behandlung ins Krankenhaus gehen.