Gesundheitsreform Gesundheitsreform: Krankheit kommt bald teuer zu stehen

Berlin/MZ. - Am Mittwoch debattiert der Bundestag erstmals die von Bundesregierung und Opposition gleichermaßen als notwendig erachtete Reform des Gesundheitswesens. Doch erst gestern klärten sich endgültig die Fronten, wer das Gesundheitssystem auf welche Weise entlasten und so die Lohnnebenkosten senken möchte. Denn die Union brachte ihren Entwurf erst auf den letzten Drücker ein.
Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) will Leistungen kürzen. So sollen die Krankenkassen Folgendes nicht mehr bezahlen: Brillen, künstliche Befruchtungen, Sterilisationen, Sterbegeld. Das Krankengeld müsse allein vom Arbeitnehmer aufgebracht werden, meint die rot-grüne Koalition. Überdies sollen Patienten darauf verpflichtet werden, einen höheren Eigenbeitrag zu leisten: zwölf statt neun Euro pro Tag im Krankenhaus; 15 Euro Praxisgebühr, wenn sie ohne Überweisung des Hausarztes den Facharzt aufsuchen. Einen entsprechenden Gesetzentwurf präsentiert Schmidt heute im Parlament. Gegen die praktische Streichung des Krankengeldes regt sich weiterhin verhaltener Widerstand in der SPD. Man betrachtet dies als unsozial.
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion verabschiedete gestern einen Gegenentwurf - allerdings ohne ihren Gesundheitsexperten Horst Seehofer. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende nahm an der Sitzung nicht teil, wohl aus Protest. Die Union fordert, dass Zahnersatz aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gestrichen und mit 7,50 Euro fortan privat versichert wird. Das lehnt Seehofer ab. Außerdem, meinen die Bürgerlichen, sollten Patienten zehn Prozent ihrer Arztkosten künftig selbst tragen. Die Fraktions- und Parteivorsitzende Angela Merkel steht voll hinter den Ideen: "Das ist eine klare Alternative zu Rot-Grün."
Unter den Abgeordneten gab es Unmut über den Abweichler aus Bayern. Ein CDU-Vertreter aus Sachsen-Anhalt kommentierte dessen Verhalten mit den Worten, es sei "rational nicht zu fassen". Längst wird darüber spekuliert, ob Seehofer noch haltbar ist - oder selbst seinen Hut nimmt. Dies wurde aber gestern Abend nach einem Gespräch zwischen Seehofer und Merkel definitiv ausgeschlossen.
Abseits der parlamentarischen Querelen ist für den Bürger zweierlei von Belang. Erstens: So oder so wird er künftig mehr Geld für seine Gesundheit aufwenden müssen. Wie viel genau, das hängt davon ab, wer sich durchsetzt (Regierung oder Opposition), wie krank ein Mensch ist und welche Ansprüche er hat. Zweitens: Entschieden wird über die Sache heute nicht. Der Bundestag wird die rot-grüne Reform wohl im Juli verabschieden, der unions-dominierte Bundesrat wird sie später ablehnen. Das endgültige Gesetz dürfte erst im Vermittlungsausschuss entstehen.

