Gesundheit Gesundheit: Krankenkassen haben 20 Milliarden Euro Schulden

Berlin/dpa. - Die gesetzlichen Krankenkassen haben nach einem Bericht das Magazins «Focus» etwa 20 Milliarden Euro Schulden. Zusätzlich zu ihrem Defizit aus Einnahmen und Ausgaben, das Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) auf drei Milliarden taxiere, hätten sie Kredite über 17 Milliarden Euro aufgenommen. Das Magazin beruft sich auf interne Berechnungen der Spitzenverbände der Krankenkassen sowie auf Angaben der Kassenaufsicht. Die Grünen forderten eine Ausweitung der Beitragspflicht.
Die Spar-Vorschläge der Rürup-Kommission zur Reform der Sozialsysteme in Höhe von 25 Milliarden Euro pro Jahr würden damit großteils in der Schuldentilgung verpuffen, ohne die Beitragszahler spürbar zu entlasten, schreibt das Blatt. Viele Betriebskrankenkassen (BKK) würden noch in diesem Jahr ihre Beiträge erhöhen.
Nach Angaben des Vorsitzenden des Bundesverbandes der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK), Hans Jürgen Ahrens, fehlen den Kassen derzeit rund fünf Milliarden Euro. Das Defizit von drei Milliarden Euro aus dem vorigen Jahr müsse ausgeglichen werden, darüber hinaus würden weitere zwei Milliarden Euro benötigt, «um die Rücklagen aufzufüllen», sagte er im Bremer «Kurier am Sonntag».
Ahrens nannte Prognosen über den Beitragssatz «Spekulation». Es komme darauf an, «wie dieses Jahr läuft und welche Reformen Gesetz werden». Die AOK wolle ihre Beitragssätze 2003 stabil halten. Nötig sei die Steuerfinanzierung versicherungsfremder Leistungen in Höhe von 4,5 Milliarden Euro. «Wenn die Kassen davon nicht entlastet werden, ist ein großer Teil des Einsparkonzepts hinfällig.»
Die gesundheitspolitische Fraktionssprecherin Birgitt Bender forderte in der «Berliner Zeitung» (Samstag), die kostenlose Mitversicherung von Ehegatten einzuschränken sowie Miet- und Zinseinnahmen bei der Berechnung der Krankenkassenbeiträge einzubeziehen. Die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung sei ungerecht und stelle die langfristige Finanzierbarkeit des Systems in Frage.
Unionsfraktions-Vize Horst Seehofer (CSU) kündigte Widerstand gegen die Reformpläne von Schmidt an. «Die Gesundheitsministerin hat doch nicht alle Tassen im Schrank, wie sie täglich die Bevölkerung mit neuen, sich widersprechenden Vorschlägen überzieht von der Rente mit 67 bis zur Abschaffung des Sterbegeldes», sagte er der «Welt am Sonntag». Seehofer forderte Schmidt auf, einen Gesetzestext vorzulegen und wandte sich gegen eine Abschaffung des Sterbegeldes und eine Herausnahme des Krankengeldes. «Und das Eintrittsgeld zum Arztbesuch lehnen wir als sozialen Raubzug ab.» In der in Cottbus erscheinenden «Lausitzer Rundschau» (Samstag) sprach sich Seehofer dafür aus, längerfristig den Arbeitgeberbeitrag für die Krankenversicherung einzufrieren.
Vier Fünftel der Bundesbürger (81 Prozent) lehnen den Plan der Bundesregierung ab, nach dem Arbeitnehmer ihre Versicherungsbeiträge für das Krankengeld allein finanzieren sollen. Das ergab eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Infratest dimap im Auftrag der «Welt am Sonntag». (1 020 Befragte in der Zeit vom 28. bis 30. April)