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Gesundheit Gesundheit: Die «Dritten» kommen bei so manchem Patienten aus Polen

01.12.2005, 13:53
In der polnischen Zahnarztpraxis «Stomadent» in Slubice, der Nachbarstadt von Frankfurt (Oder) in Brandenburg, lässt sich der AOK-Versicherte Hans-Günther Dettlaff aus Berlin behandeln (Foto: dpa)
In der polnischen Zahnarztpraxis «Stomadent» in Slubice, der Nachbarstadt von Frankfurt (Oder) in Brandenburg, lässt sich der AOK-Versicherte Hans-Günther Dettlaff aus Berlin behandeln (Foto: dpa) dpa-Zentralbild

Slubice/dpa. - Als erste gesetzliche Krankenkasse inDeutschland ermöglicht sie ihren Mitgliedern, Zahnersatz in Polenmachen zu lassen. «Ich habe Vertrauen», sagt Gürgen vor derBehandlung in der Grenzstadt Slubice.

Mit herkömmlichem privaten Zahntourismus Deutscher ins Ausland hatdas nichts zu tun. Der Patient vereinbart über das UnternehmenMedpolska, mit der die AOK einen Vertrag hat, einen Termin bei einemZahnarzt in Polen. Dieser erstellt für den Patienten einen Heil- undKostenplan, den Medpolska der AOK zur Genehmigung einreicht.

Mit dem genehmigten Plan fährt der Patient zum Zahnarzt nachPolen. Dort zahlt er zum Abschluss der Behandlung den Eigenanteil,sofern einer anfällt. Beim ersten Zahnarztbesuch in Polen werden aberauch die zehn Euro Praxisgebühr fällig. Der Zahnarzt rechnet überMedpolska mit der AOK ab.

Familie Gürgen hat verglichen. Bei der Behandlung in Deutschlandhätte sie über 1000 Euro zuzahlen müssen. In Polen sind es gut 100Euro. «Das ist ein gewaltiger Unterschied», sagt Margitta Gürgen.«Ich denke, das Beispiel macht Schule.» Sie werde diese Möglichkeitweiterempfehlen. «Polnische Ärzte sind gut ausgebildet.»

Mit dem Projekt will die AOK ihre Versicherten nicht nach Polendrängen, betont Marek Rydzewski, Niederlassungsleiter der AOK inFrankfurt (Oder). «Die Patienten sollen selbst entscheiden.» DerVorgang werde nach deutschem Recht bearbeitet, bei Schwierigkeitensei ein deutsches Gericht zuständig. Einziges Risiko für denPatienten sei, für eine Reparaturen muss er nach Polen fahren.

Nach Angaben von Medpolska haben sich sieben Zahnarztpraxenentlang von Oder und Neiße dem Projekt angeschlossen. «Wir haben dieZahnärzte sorgfältig nach bestimmten Kriterien ausgewählt», erläutertVize-Geschäftsführer Michal Roszak. Die Qualität muss deutschemStandard entsprechen, Zahnärzte und Personal deutsch sprechen. FürKrone, Brücke oder Gebiss werden zwei Jahre Garantie gewährt.

Medpolska, eine 100-prozentige Tochter des deutschen Medizin-Dienstleisters Medent (München), arbeitet mit einem Dentallabor inStettin (Szczecin) zusammen. «Der Zahntechniker ist in Deutschlandausgebildet und verwendet geprüfte Materialien aus Deutschland», sagtRoszak. Die Resonanz sei gut. «Viele Patienten sind interessiert.»

Die Ideen entstand, als sich bei der AOK Heil- und Kostenanträgestapelten, Patienten nicht mit der Behandlung begannen, dafür aberhäufig bei der AOK anfragten, ob sie sich den Zahnersatz in Polenfertigen lassen könnten. Laut AOK-Sprechers Jörg Trinogga zieht dasModell einen erhöhten Wettbewerb mit einheimischen Dentallabors nachsich. «Das wollen und können wir aber auch nicht verhindern», sagter. Der Gesetzgeber ermögliche diese Kooperation, die seit der EU-Erweiterung auch mit Polen möglich sei.

Mit massiver Kritik hat die Landes-Zahnärzte-Kammer Brandenburgauf das Modell reagiert. «Es hat große Verunsicherung unter denKollegen gegeben», sagt Kammerpräsident Jürgen Herbert. Von derFrüherkennung bis zum Zahnersatz sollte die Behandlung in der Handeines Zahnarztes liegen. «Der Arzt muss die Gesamtumstände desPatienten kennen.» Das Modell vernichte in Deutschland Arbeitsplätze.