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Gesundheit Gesundheit: Cannabis ohne Risiken und Nebenwirkung

Von STEFAN SAUER 18.08.2010, 18:04

BERLIN/MZ. - Der chinesische KaiserShen Yung muss ein medizinisch interessierterMann gewesen sein. Gegen Verstopfung und Gicht,Malaria, Rheumatismus und Menstruationsbeschwerdenempfahl der Herrscher die Extrakte der Cannabis-Pflanze.So steht es in der ältesten überliefertenZusammenstellung von Heilpflanzen, dem "Shennong be cao jing".

Ein paar tausend Jahre später hat sich dieErkenntnis von der therapeutischen Wirkungdes Cannabis oder indischen Hanfes auch inder schwarz-gelben Koalition durchgesetzt.Anfang der Woche sprachen sich die Gesundheitsexpertenvon CDU/CSU und FDP dafür aus, Cannabis-Produkteals verschreibungspflichtige Arzneimittelzuzulassen. Das ist insofern bemerkenswert,als dass einerseits die krampflösende undbrechreizlindernde Wirkung der Hanfpflanzebereits 1999 vom amerikanischen Instituteof Medicine zweifelsfrei festgestellt wurde,andererseits aber Cannabis in der Darreichungsformals Haschisch und Marihuana dem Betäubungsmittelgesetzunterliegt.

Insbesondere in der Union riefen Forderungennach Zulassung des Hanfes als Medikament daherzuverlässig Abwehrreflexe hervor. Kiffer,die mit geröteten Augen für Dope auf Rezeptdie Wartezimmer bevölkern? Ein Graus.

So wird es aber nicht kommen. Cannabis sollfür einige definierte Krankheiten von speziellzugelassenen Ärzten per Betäubungsmittelrezeptverschrieben werden können. Dabei spielenvor allem drei Eigenschaften des WirkstoffsTetrahydrocannabinol (THC) eine Rolle. Inder Palliativmedizin, die das Leiden todkranker,oftmals an Krebs leidender Patienten zu lindernsucht, kann THC in der Schmerztherapie eingesetztwerden. Dabei sind die Nebenwirkungen, andersals bei Opiaten, relativ gering, eine körperlicheAbhängigkeit ist nach dem Stand der Wissenschaftausgeschlossen.

Als segensreich kann sich auch die brechreizhemmende,appetitanregende Wirkung des THC erweisen.Bei Krebspatienten tritt infolge der Therapiehäufig anhaltende Übelkeit auf, die die Nahrungsaufnahmeunmöglich macht. Auch viele Aids-Patientenklagen über Appetitlosigkeit. Dem damit einhergehenden,lebensbedrohlichen Gewichtsverlust kann Cannabisals Appetitmacher abhelfen.

Zudem legen Studien nahe, dass der gesamteKrankheitsverlauf bei Krebs positiv durchTHC beeinflusst werden kann. Linderung versprichtder Wirkstoff zudem bei Krämpfen, die durchSchädigungen des Rückenmarks oder des Hirnshervorgerufen werden. Insbesondere die Krampfsymptomevon Multiple-Sklerose-Patienten können durchCannabis-Produkte deutlich abgeschwächt werden.

Darüber hinaus ist eine Vielzahl von Anwendungendenkbar: THC soll Darmentzündungen abhelfen,Schmerzen durch Nervenreizungen lindern, dasTourette-Syndrom dämpfen ("Tics", plötzlicheunkontrollierte Bewegungen, Zuckungen undsprachliche Äußerungen) sowie manche Gelenkentzündungen(rheumatische Arthritis) mildern.

Dass zahlreiche Patienten in den USA, wo Cannabis-Produkteseit Jahren zur Therapie eingesetzt werden,von einer nicht näher definierten "Verbesserungder allgemeinen Lebensqualität" berichten,ist ein schöner Nebeneffekt.