1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Politik
  6. >
  7. Gesetzesvorschlag: Gesetzesvorschlag: Spahn setzt bei Kliniken an, um mehr Organspender zu gewinnen

Gesetzesvorschlag Gesetzesvorschlag: Spahn setzt bei Kliniken an, um mehr Organspender zu gewinnen

Von Timot Szent-Ivanyi 31.08.2018, 14:33
Bedingt durch die Manipulation an Wartelisten ist die Bereitschaft zur Organspende in Deutschland stark zurückgegangen.
Bedingt durch die Manipulation an Wartelisten ist die Bereitschaft zur Organspende in Deutschland stark zurückgegangen. MTI

Berlin - Erst kürzlich hat Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die Deutschen dazu aufgerufen, sich   verstärkt mit dem Thema Organspende auseinanderzusetzen. Der Minister  hat das bereits getan:  Am Freitag legte er seinen Gesetzesvorschlag vor, um den Tiefstand bei den  Organspenden zu überwinden. Wie seine Vorgänger setzt er allerdings nur auf kleinere Korrekturen im Transplantationssystem. Sein Ansatzpunkt sind bessere Bedingungen für Krankenhäuser, damit dort mehr  Spender gewonnen werden können.

Seit dem Skandal um manipulierte Wartelisten sind die Spenderzahlen massiv eingebrochen. 2012 war bekannt geworden, dass Ärzte ihre  Patienten auf dem Papier kranker gemacht hatten, als sie es tatsächlich waren. Dadurch rutschten sie in der Warteliste für ein Organ nach oben.   Nach der Aufdeckung der Manipulationen wurden Gesetze verschärft und Kontrollen intensiviert.

Keine Ausreichenden Anreize für Kliniken

Eine durchgreifende Wende bei den Spenderzahlen bracht das allerdings nicht. Analysen ergaben, dass dafür nicht nur der großen Vertrauensverlust in der Bevölkerung die Ursache ist. Vielmehr wurde festgestellt, dass es für die Kliniken keine ausreichenden Anreize gibt,  Patienten als potenzielle Spender zu identifizieren.  SPD und Union einigten sich daher bei ihren Koalitionsverhandlungen darauf, die Arbeit der Transplantationsbeauftragten zu vereinfachen und die Organentnahme besser zu bezahlen.

Spahn setzt diese Einigung nun um. Sein Gesetzesvorschlag sieht vor, den gesamten Prozess einer Organspende höher zu vergüten. Dazu gehört unter anderem die Betreuung der potenziellen Spender in der Intensivmedizin, denn  für eine Organspende ist eine künstliche Beatmung nötig, damit es nicht vorher zum Kreislaufstillstand kommt. Auch die Feststellung des Hirntodes, die Voraussetzung  einer Organentnahme ist, soll besser bezahlt werden.  Kleinere Krankenhäuser werden nach den Plänen bei der Hirntodfeststellung künftig durch qualifizierte Ärzte unterstützt. Dazu sollen flächendeckend neurologische Bereitschaftsdienste eingerichtet werden.

Der Minister will zudem den Transplantationsbeauftragten, die in  Kliniken mit Intensivstationen vorgeschrieben sind,  mehr Zeit für ihre Arbeit geben. Dafür sollen verbindlich Vorgaben  erarbeitet werden. Die Beauftragten bekommen auch mehr  Rechte. Sie sollen  ein uneingeschränktes Zugangsrecht  zu den Intensivstationen und ein Einsichtsrecht in die Patientenakten erhalten.

Krankenhäuser brauchen mehr Zeit und Geld

Spahn sagte, man müsse alles versuchen, damit die Zahl der Organtransplantationen wieder steige. „Das sind wir den mehr als zehntausend Patienten schuldig, die in Deutschland auf Spenderorgane warten“, erklärte der CDU-Politiker. Den Krankenhäusern fehle häufig Zeit und Geld, um Organspender zu identifizieren, argumentierte der Minister: „Genau da setzen wir an.“

Die kürzlich aufgeflammte Debatte über eine Änderung der Rechtslage bei der Organspende griff Spahn nicht auf.  Einige Gesundheitspolitiker, darunter  die Vize-Fraktionschefs von SPD und Union, Karl Lauterbach und Georg Nüßlein (CSU), machen sich für eine Widerspruchslösung stark. Dabei ist jeder Mensch automatisch Organspender, solange er dem nicht widerspricht. Diese Regelung  gilt zum  Beispiel in Spanien oder Österreich.  In Deutschland gilt die Entscheidungslösung. Eine Organspende ist nur nach einer Einwilligung möglich.

Spahn gilt als Gegner einer Widerspruchslösung. Er hat mehrfach gesagt, jeder Bürger müsse die Entscheidung für oder gegen eine Organspende für sich treffen. Zudem wird davon ausgegangen, dass es im Bundestag für eine Änderung keine Mehrheit gibt. Experten halten es ohnehin für wichtiger, die intransparenten Strukturen und Entscheidungswege im deutschen Transplantationssystem zu reformieren, damit die Vertrauenskrise in der Bevölkerung überwunden wird.