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Geschichtsaufarbeitung Geschichtsaufarbeitung: Ex-Stasi-Leute treffen sich auch ohne Birthler

03.06.2007, 14:17

Berlin/Odense/dpa. - «Je länger ich darüber nachdenke, destogrotesker und unerhörter erscheint mir das.» Die Tagung werde abertrotzdem stattfinden.

Auf der Konferenz am 16. und 17. Juni sollen in Berlin ehemaligeGeheimdienstler und Offiziere zu Wort kommen, darunter der frühereSpion Rainer Rupp. Im Mittelpunkt der Konferenz mit Historikern ausBerlin, Moskau und Brüssel soll die Tätigkeit der Stasi-Auslandespionageeinheit Hauptverwaltung A (HVA) stehen. MehrereOpferverbände hatten dagegen bereits protestiert.

Die Stasi-Unterlagenbehörde hatte am Freitag ihre Experten-Beteiligung an der Tagung zurückgezogen. Birthler distanzierte sichvon dem Projekt. Die Behörde lasse sich nicht für die Legitimationdes MfS instrumentalisieren, erklärte sie.

Historiker Wegener Friis sagte: «Wir sprechen hier über diewissenschaftliche Aufarbeitung einer Diktatur. Da wirkt es schonhöchst merkwürdig, wenn Birthler Maulkörbe verhängt.» Er habe aberVerständnis für Kritik von Stasi-Opfern. Die Stasi-Unterlagenbehördehabe seit letztem Herbst von der Tagung und dem Datum gewusst und imJanuar eine Zusage für die Mitwirkung des Wissenschaftlers HelmutMüller-Enbergs als Hauptreferent gegeben. Diese sei dann «fünf vorzwölf wegen der politischen Opportunität» von Birthler zurückgenommenworden.

Nach Angaben Birthlers hat sie Anfang Mai bei den Organisatorenvon der dänischen Universität die Teilnahme ihrer Expertenschriftlich abgesagt. Früheren MfS-Angehörigen dürfe keinöffentliches Podium verschafft werden. Das, was Vertreter derehemaligen Führungsriege des MfS zu ihrer Tätigkeit bislangöffentlich äußerten, disqualifiziere sie als ernst zu nehmendeGesprächspartner oder Zeitzeugen, sagte die Bundesbeauftragte.

Auch der Direktor der Stasi-Opfer-Gedenkstätte inHohenschönhausen, Hubertus Knabe, wandte sich gegen die Tagung. Dieehemaligen Stasi-Leute seien in keiner Weise bereit, an einerwissenschaftlich-kritischen Aufarbeitung ihrer Aktivitätenmitzuwirken. Frühere Offiziere nutzten alle Möglichkeiten, ihreGeheimdienstoperationen zu verklären oder zu verharmlosen.

Die Chefin des Berliner Mauermuseums am Checkpoint Charlie,Alexandra Hildebrandt, sowie mehrere Opferverbände hatten ebenfallsihren Protest deutlich gemacht. Auf Ablehnung stößt auch, dass dieTagung ausgerechnet am 17. Juni, dem 54. Jahrestag des DDR-Volksaufstandes von 1953 stattfinden soll.