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Geschichte Geschichte: «Tausende Stasi-Mitarbeiter im Staatsdienst»

05.07.2009, 18:00
In Sachsen-Anhalt sind noch rund 100 ehemalige Stasi-Mitarbeiter bei der Polizei beschäftigt. (FOTO: DPA)
In Sachsen-Anhalt sind noch rund 100 ehemalige Stasi-Mitarbeiter bei der Polizei beschäftigt. (FOTO: DPA) dpa-Zentralbild

Berlin/dpa. - «Ich vermute, beim Zoll sind jedeMenge, bei der Bundespolizei, beim Innenministerium, im Personen- undWachschutz, wo man auch hinguckt», sagte der Leiter desForschungsverbundes SED-Staat der Freien Universität Berlin amSonntag in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa.Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) «könnte ja auch malsagen, wie viele Leute damals übernommen wurden vomInnenministerium.»

Eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur hatte ergeben, dass 20Jahre nach dem Mauerfall noch hunderte frühere hauptamtliche Stasi-Mitarbeiter im Polizeidienst der ostdeutschen Länder sind.

«Ich gehe davon aus, dass ehemalige Stasi-Leute in allen neuenLändern übernommen wurden» - sofern die Belastung nicht zu hochgewesen sei, sagte Schroeder. In Sachsen seien Überprüfungen amschärfsten und in Brandenburg am mildesten gewesen. Dort sei vonAnfang an eine Stasi-Verstrickung des damaligen MinisterpräsidentenManfred Stolpe (SPD) diskutiert worden. «Man war eher der Meinung,man müsse die einfachen Leute durchgehen lassen, wenn die großendabei waren.»

Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Günter Nooke(CDU), sagte dem «Berliner Kurier» (Samstag), es sei allein Stolpe zuverdanken, dass «Stasi-Leute zuhauf in den Staatsdienst» gekommenseien. «Stolpe wollte, dass wir die Vergangenheit bestimmter Leute,die in den Staatsdienst übernommen werden sollten und dann auchwurden, nicht durchleuchten.» Der Berliner Stasi-Beauftragte MartinGutzeit sagte dem «Berliner Kurier», der Fall sei moralisch empörend.

Laut Schroeder hat es bei den Westbeamten, die nach der Wende nachBrandenburg kamen, eine gewisse Unkenntnis gegeben. «Die waren derMeinung, dass man Versöhnung zeigen müsse. Sie haben sich aber auchvon den Stasi-Leuten erzählen lassen, dass sie eigentlich genau diegleichen Arbeiten ausgeführt hätten wie Westleute auch, bloß dass siebei der Stasi waren.» Zudem seien zum Teil auch Lebensläufe verändertworden.

Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) müsse jetzt Beamteauffordern, ihr Einverständnis für eine erneute Überprüfung zu geben.Für eine Bewertung könne dann eine unabhängige Kommission eingesetztwerden. «Nur so kann man das Vertrauen in die Polizeiwiederherstellen», sagte Schroeder.

Eine Sprecherin des Landeskriminalamtes in Rampe bei Schwerinsagte der «Ostsee-Zeitung» (Samstag), es sei auszuschließen, dass inMecklenburg-Vorpommern einstige Mitarbeiter der Staatssicherheit inLeitungspositionen eingesetzt werden. Ministerpräsident ErwinSellering (SPD) werde sicher nicht von ehemaligen Stasi-Leutenbeschützt. Bei den Personenschützern sei das wegen ihres geringenAlters nicht möglich.

Die CDU in Mecklenburg-Vorpommern hält eine erneute Überprüfung imGegensatz zur brandenburgischen CDU für überflüssig. In Mecklenburg-Vorpommern habe es ein «deutlich konsequenteres Vorgehen« als inBrandenburg gegeben, zitiert das Blatt CDU-Generalsekretär VincentKokert.