Geschichte Geschichte: Stasi-Bunker für Mielke-Clique mit extra Wassertanks

Berlin/dpa. - Unbemerkt vom Feind hätte die Führungsclique umStasi-Chef Erich Mielke hier vorübergehend einen Angriff gegen dieDDR überstehen können. Schwere, grau gestrichene Stahltüren zumDruckausgleich, 3000-Liter-Wassertanks samt Filter,Starkstromanschlüsse, Entlüftungen, Nachrichtenkabel undSchaltschränke aus sowjetischer Produktion - das Gruselkabinett desDDR-Geheimdienstes fünf Meter unter der Erde auf dem Gelände dereinstigen Stasi-Zentrale an der Berliner Normannenstraße ist einesder noch nicht gelüfteten Geheimnisse des DDR-Ministeriums fürStaatssicherheit.
Auch gut 15 Jahre nach der Wende ist der enge Bunker über zweiEtagen für die Öffentlichkeit gesperrt - wegen der Sicherheit undfehlender Fluchtwege. Nur schmale Stufen führen in das unterirdischeLabyrinth mit niedrigen Betondecken. In einer Etage ist der Gang mitbräunlichem Linoleum ausgelegt. Die rohen Wände sind getüncht. Fünfmontierte Waschbecken sind zu sehen, Toiletten, eine Küchenspüle.Benutzt wurden sie aber nicht mehr. Die Wende kam dazwischen.
«Der Bunker war top secret - so geheim, dass bis heute keineUnterlagen dazu gefunden wurden», sagt der Sprecher der Stasi-Unterlagenbehörde, Christian Booß. Wahrscheinlich seien die Papierevernichtet worden.
Dutzende von Bunkern ließen SED-Führung, Stasi und NationaleVolksarmee (NVA) für den «Spannungs- oder Verteidigungsfall», wieKrieg im Militärjargon hieß, bauen. Das eigentliche zentraleAusweichquartier im Kriegsfall für Mielke war in Biesenthal, das fürStaats- und Parteichef Erich Honecker in Prenden im heutigenBrandenburg. In Machern bei Leipzig ist eine «Ausweichführungsstelle»für Stasi-Offiziere noch im Originalzustand mit meterdickemStahlbeton erhalten.
Nach Angaben des Bunkerexperten und Buchautors Paul Bergner hatjedes der 22 größten Verstecke rund zwei Millionen DDR-Mark gekostet.Und es gibt noch immer Neues: Erst im Oktober 2004 wurde im Kellerdes ehemaligen DDR-Staatsratsgebäudes in Berlin-Mitte bei Bauarbeitenein Bunker entdeckt. Der für Erich Honecker vorgesehene Raum war mitrotem Kunstfaserteppich ausgeschlagen.
Die unterirdische Anlage in der Berliner Stasi-Zentrale habe ihnnicht wirklich überrascht, sagt der aus der DDR-Bürgerbewegungkommende Stephan Wolf, der heute im Stasi-Archiv arbeitet. «Die ganzeDDR-Führung bestand doch aus kalten Kriegern. Der Bunker hierentsprach genau ihrem Weltbild.»
Ein ausgeklügeltes, DDR-weit-verzweigtes System von Anlagen unterder Erde sollte wenigstens das Überleben der Führung sichern, meintWolf lakonisch. Es sei schon bemerkenswert, dass gerade 1975, alssich die DDR auf der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit inEuropa (KSZE) nach außen öffnete, ein solcher Bunkerbau beschlossenworden sei.
In dem niedrigen Raum mit den Wassertanks in dem Berliner Bunkersteht noch ein kleiner Koffer mit Glasröhrchen, sagt Booß. «Die warenfür den chemischen Test des Trinkwassers gedacht.»