Geschichte Geschichte: Gold der Nazis lagerte in einem Salzstock in der Rhön

Merkers/dpa. - Hitler hatte sich Merkers ausgesucht. In einemSalzstock in der Bergbaugemeinde am Rande der Thüringer Rhön solltesein letzter Schatz sicher sein. Gold- und Platinbarren, Banknotenund jede Menge Kunstgegenstände ließ der Diktator dorthin schaffen.Doch noch vor dem Kriegsende fiel der Schatz der Nazis Anfang April1945 den Amerikanern in die Hände. US-Präsident Dwight D. Eisenhowerpersönlich inspizierte wenig später das geheime Goldlager gut 500Meter unter der Erde. Und das kleine Merkers füllte die Schlagzeilender Weltpresse.
Deutschland kurz vor Kriegsende 1945: Die 3. US-Panzerarmee unterGeneral George S. Patton rückt in Thüringen Richtung Osten vor. Dieaußergewöhnliche Zielstrebigkeit, mit der sie das tut, erklärt sicham 4. April: Objekt der Begierde war der Kalischacht Kaiseroda inMerkers. «Man sagt, die Amerikaner hätten einen Tipp bekommen vonfranzösischen Zwangsarbeitern, dass da was zu holen ist», erzähltHartmuth Baumert, heute Produktionsleiter im Kali-Werk.
Im so genannten Goldraum fanden die Amerikaner tatsächlich rund 80Prozent der Gold- und Devisenreserven des über Tage geradeuntergehenden NS-Reiches. Schon von Juli 1944 an waren immer wiederKulturgüter beispielsweise aus dem Goethe-Nationalmuseum in Weimar indas abgelegene Bergwerk gebracht worden. «Walross» hieß die geheimeKommandosache, mit der Hitler im Februar und März 1945 in zweiEisenbahntransporten seine letzten Schätze aus der im Bombenhagelliegenden Hauptstadt Berlin nach Thüringen schaffen ließ. Neben Goldund Geld kam auch wesentliches Sammlungsgut Berliner Museen,einschließlich der Nationalgalerie nach Merkers. Darunter Gemälde vonDürer und Originalmanuskripte von Goethe. 700 Gemälde alter undjunger Meister sollen teils unverpackt im Stollen gestanden haben.
Ein eigens dafür ernannter General sollte die Schächte des Kali-Bergwerks eigentlich sprengen, um den Schatz dem Zugriff des Feindeszu entziehen. Eine Bergung sollte nicht vor Ablauf von ungefähr zweiJahren möglich sein. Bis dahin - so die irrwitzige Vorstellung -sollte sich die Lage für das «Deutsche Reich» wieder entspannt haben.
Zur Sprengung kam es nie - und die Amerikaner müssen sich in jenenTagen unter der Erde gefühlt haben wie Dagobert Duck in seinemGoldspeicher. Nach Bestandsbüchern der früheren ReichsbankhauptkasseBerlin waren in der Grube Merkers 8645 Goldbarren sowie eine nichtbelegte Zahl von Platin- und Silberbarren, Feingold und Silbereingelagert. Hinzu kamen Kunstgegenstände und säckeweise Goldmünzenunterschiedlichster Währungen, zusammengerafft in ganz Europa, sowieBanknoten noch und noch. Die Angaben über den Gesamtwert schwanken.«Der Gesamtwert der Einlagerungen dürfte nach heutiger Währung mitetwa 2,2 Milliarden Euro zu beziffern sein», schätzt NorbertMoczarski, Oberarchivrat beim Thüringischen Staatsarchiv.
Fotos von «Ike» Eisenhower mit Offizieren seines Stabes inmittenvon Goldsäcken und bei der Inspektion aufgestapelter Kunstwerkegingen um die Welt. Bereits Mitte April 1945 wurden die Gold- undDevisenbestände sowie die eingelagerten Kunstgüter aus der Grubegenommen, nach Frankfurt am Main gebracht und in der dortigenReichsbankhauptstelle zwischengelagert. «Dort verliert sich die Spurdes Goldschatzes», berichtet Moczarski. «Die Verteilung desReichsbankgoldes durch die Alliierten ist nur in äußerst grobenUmrissen bekannt», heißt es in einer Broschüre des Bergwerks Merkers,in dem der Goldraum noch immer zu besichtigen ist.
Ein Großteil des Goldes soll an die jeweiligen Staatsbankenzurückgegeben worden sein. Spätere Vermutungen vonMilitärhistorikern, Hitlers Schatz sei in wesentlichen Teilen im US-Goldbunker Fort Knox gelandet, bestätigten sich nie. Um den Verbleibdes Goldes und der Kunst ranken sich noch immer jede Menge Gerüchteund Vermutungen. Fest steht, dass die weltbekannte Nofretete, dieauch in Merkers lag, an ihren ursprünglichen Platz in Berlinzurückkehrte. Teile der Kunstgegenstände blieben aber verschwunden.