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Geschichte Geschichte: DDR fälschte massenhaft Landkarten

15.11.2002, 13:01
Eine Lupe vergrößert den Schriftzug BRD auf einer Landkarte der DDR, die den Grenzverlauf zur Bundesrepublik zeigt. Der tatsächliche Grenzverlauf, auf der Karte mit einer roten Linie markiert, liegt um einige Kilometer weiter westlich als die DDR-Landkarte zeigt. (Foto: dpa)
Eine Lupe vergrößert den Schriftzug BRD auf einer Landkarte der DDR, die den Grenzverlauf zur Bundesrepublik zeigt. Der tatsächliche Grenzverlauf, auf der Karte mit einer roten Linie markiert, liegt um einige Kilometer weiter westlich als die DDR-Landkarte zeigt. (Foto: dpa) dpa

Berlin/dpa. - Das Stasi-Ministerium hat in der DDR massenhaft topographische Karten gefälscht. Damit sollte verhindert werden, dass die Bevölkerung genaue Informationen über den Grenzverlauf bekam, sagte die Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Marianne Birthler, am Freitag bei der Vorstellung des Buches «Kartenfälschung als Folge übergroßer Geheimhaltung?» Auf vielen Karten habe es weiße Flecken gegeben, um Militärkasernen, Industrieanlagen, Sendemasten oder Flughäfen zu tarnen.

Selbst auf Wanderkarten wurden Wege unterschlagen oder Kirchen an falsche Punkte gesetzt. Die Bundesbeauftragte sprach von absurder Geheimhaltung und völlig überzogenem Sicherheitsbedürfnis der DDR- Führung. Der NATO seien die wirklichen Daten aber durch Satellitentechnik bekannt gewesen. Im MfS sei eine ganze Abteilung mit der Karten-Manipulation befasst gewesen, sagte Birthler.

Die DDR habe sich zwei Ausgaben topographischer Karten geleistet. Die exakte Variante war geheim und nur Militär, Innenministerium und Stasi zugänglich. Die zweite manipulierte Ausgabe war für die Öffentlichkeit gedacht. Weglassen, Verschieben und Umsignieren standen laut Angaben im Vordergrund.

Nach den Worten von Herausgeberin Dagmar Unverhau hat die Stasi das Fälschen der Karten bis zum Ende der DDR als «vertrauliche Verschlusssache» betrieben. «Die Karten sollten nicht zum Verlassen der DDR verleiten», meinte die Wissenschaftlerin in der Stasi- Unterlagenbehörde. Ganze Ortschaften im so genannten Grenzstreifen zum Westen wurden einfach unterschlagen. Auch die Wirtschaft sei auf verzerrte Karten angewiesen gewesen. Die daraus entstandenen Schäden seien noch nicht umfassend erforscht.

Industrieanlagen und Wohngebiete seien auf Landkarten nicht zu unterscheiden gewesen, ergänzte Mitarbeiter Roland Lucht. Aus Kippen für Industrieabwässer seien kurzerhand natürliche Sümpfe geworden, um Umweltsünden zu verschleiern. Die Staatsgrenze sei auf der Karte kilometerweit vor der tatsächlichen eingezeichnet worden. Auch den Brocken im Harz habe es nicht mehr gegeben. Westberlin war laut Angaben auf DDR-Karten ein unbesiedeltes Stück Natur im Niemandsland.